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Strukturwandel und Energieversorgung: Politik trifft Branche

Redner aus Politik und Wirtschaft auf der Konferenz zur Infrastrukturentwicklung. / Foto: Patrick Pleul/dpa-Zentralbild/dpa
Redner aus Politik und Wirtschaft auf der Konferenz zur Infrastrukturentwicklung. / Foto: Patrick Pleul/dpa-Zentralbild/dpa

Nach dem Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine muss aus Sicht von Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) der auf 2030 vorgezogene Kohleausstieg neu diskutiert werden. Es könne keine Denkverbote geben, sagte der Regierungschef am Dienstag dem Sender «radioeins» vom rbb. «Wir müssen erstmal sehen, dass wir in Deutschland die Energieversorgung rund um die Uhr sichern und da wird und muss die Kohle natürlich in der Diskussion eine Rolle spielen», sagte Woidke. Gleichzeitig müsse der Ausbau der erneuerbaren Energien beschleunigt werden.

Deutschland ist vor allem bei Gas und Kohle von russischen Importen abhängig. Die Ampel-Koalition hatte vereinbart, dass der Ausstieg aus der Kohle «idealerweise» bis 2030 vorgezogen werden soll. Woidke sagte am Dienstagabend in Cottbus: «Deshalb stellen sich da viele Fragen neu. Deswegen ist es auch wichtig, Dinge zu überdenken und deshalb ist es wichtig, dass wir in diesem Jahr noch ganz klar sagen, wo hier der Hase hinläuft.» In Cottbus kamen bei einer Konferenz zur Infrastrukturentwicklung der ostdeutschen Kohlereviere Vertreter von Energie- und Wasserwirtschaft mit Spitzenpolitikern aus Bund und Ländern zusammen.

Sachsen Anhalts Regierungschef Reiner Haseloff (CDU) fand bei dem Treffen scharfe Worte. «Im Koalitionsvertrag kann man alles Mögliche formulieren (...).» Solange die Ampel-Koalition aber kein Gesetz auf den Weg gebracht habe, wo sie denn auch auch die Alternativen benenne, «ist das für mich Makulatur, das muss ich so klar sagen», sagte der Ministerpräsident.

Man müsse jetzt noch einmal neu rechnen, was man an grundlastfähiger Energie aus dem Ausland brauche und was man im eigenen Land produzieren wolle, erklärte Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) in Cottbus. «Man muss sich einmal nochmal ehrlich machen und die Scheuklappen beiseite lassen, was Braunkohle und was Atom angeht.» Möglicherweise brauche man das etwas länger als gedacht.

«Für die Energiebranche steht der Kohleausstieg nicht in Frage», betonte die Vorsitzende der Hauptgeschäftsführung des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), Kerstin Andreae, bei der Konferenz. Voraussetzung sei aber das Gewährleisten der Versorgungssicherheit, auch in den kommenden Jahren. Mit Blick auf den Krieg in der Ukraine sagte Andreae, kurzfristig müssten verschiedene Szenarien durchdacht werden. «Was ist, wenn wir in Liefersituationen reinkommen, die uns eben nochmal deutlich machen, wie sehr wir abhängig sind von russischem Gas und Steinkohlelieferungen?»

Die aktuelle Situation zeige, dass Deutschland unabhängiger und resilienter werden müsse bei der Energieversorgung. Allerdings werde es immer Energieimportland bleiben, schränkte sie ein. Deshalb müsse der Ausbau der erneuerbaren Energien schnell vorankommen «in einem Tempo und Maße, wie wir es noch nie gesehen haben», so Andreae.

Die Konferenz in Cottbus soll die Infrastrukturentwicklung der ostdeutschen Kohlereviere vernetzen. Gastredner und Diskussionspartner waren unter anderem auch der Ostbeaufragte der Bundesregierung, Carsten Schneider (SPD) und der Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, Michael Kellner (Grüne).

«Wir sehen jetzt auch, dass der Ausbau von erneuerbaren Energien eine Frage von nationaler Sicherheit ist», sagte Kellner bei dem Treffen mit Blick auf den Krieg in der Ukraine. Die größte Herausforderung sei der nächste Winter. «Dafür müssen wir alle Maßnahmen ergreifen, um da auch die Energieversorgung in Deutschland abzusichern.» Für den Fall, dass keine Energieimporte mehr aus Russland kommen, bereite sich Deutschland vor. «Notwendigerweise» müssen wir so schnell wie möglich aus den fossilen Energien raus. Sie sind der Preistreiber», so der Politiker. Unabhängigkeit gelinge nur, wenn es genügend grünen Strom gebe.

Zum Strukturwandel sagte Kellner, Ostdeutschland habe zwei Vorteile: einmal die Flächen und die Ansiedlung von Firmen, weil es bereits erneuerbare Energien gebe. Das sehe man am Beispiel Tesla. Ein großes Problem sei hingegen nach wie vor die Gewinnung von Fachkräften. Deshalb sei wichtig zu zeigen, was schon alles gelinge. «Es passiert richtig was in der Region. Es gibt einen Aufbruch», schätzte er ein.

Die Ostdeutschen ließen sich nicht unterkriegen - das sei ihre Kompetenz im Wandel, sagte der Ostbeaufragte Schneider. Es gebe Ansiedlungsflächen, gut ausgebildete Arbeitskräfte und eine gewisse Erfahrung, schnell große Infrastrukturprojekte umzusetzen.

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