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Künftige Gasversorgung: EnviaM will Wasserstoff forcieren

Das Logo des Energiedienstleisters EnviaM dreht sich auf dem Dach der Unternehmenszentrale. / Foto: Hendrik Schmidt/dpa-Zentralbild/dpa
Das Logo des Energiedienstleisters EnviaM dreht sich auf dem Dach der Unternehmenszentrale. / Foto: Hendrik Schmidt/dpa-Zentralbild/dpa

Der ostdeutsche Energieversorger EnviaM will in den kommenden Jahren Erdgas durch Wasserstoff ersetzen und unabhängiger von Lieferungen aus dem Ausland werden. In einem ersten Schritt sollen in Bitterfeld, Roitzsch und Thalheim in Sachsen-Anhalt drei Anlagen zur Produktion von grünem Wasserstoff entstehen, sagte Vorstandschef Stephan Lowis am Mittwoch. Damit sollen Kunden mit hohem Energieverbrauch vorrangig im Raum Leipzig versorgt werden. «Wir trauen uns zu, den Gasverbrauch von Porsche, BMW und dem Flughafen Leipzig zu ersetzen.» Die sogenannte Wasserstoffbrücke solle mit Partnern in drei bis vier Jahren in die Tat umgesetzt sein.

«Langfristig wollen wir Gas gegen Wasserstoff tauschen - und zwar komplett», betonte Lowis. Dabei wolle EnviaM auch selbst Erzeuger von Wasserstoff werden und Elektrolysekapazitäten aufbauen. Das rund 7000 Kilometer lange Gasnetz sei für Wasserstoff geeignet, hieß es.

Trotz des Krieges in der Ukraine gebe es derzeit keine Versorgungsengpässe, sagte Lowis. Die Versorgungssicherheit der Kunden habe oberste Priorität. «Insbesondere bei der Gasversorgung ist die Situation aufgrund des Ukraine-Krieges kritisch. Eine Gasmangellage ist nach wie vor nicht auszuschließen.» Dem Unternehmen zufolge wäre ein vollständiger Ausfall russischer Gaslieferungen im Winter nicht komplett zu kompensieren.

Die EnviaM-Tochter Mitgas sieht derweil bei der gesetzlich vorgeschriebenen Füllmenge von Speichern auch die Politik in der Pflicht. Das von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) vorangetriebene Gesetz sei vernünftig, sagte Geschäftsführer Andreas Auerbach der Deutschen Presse-Agentur. «Wenn wir die Speicher aber zu den gegenwärtig hohen Preisen füllen, kostet das sehr viel Geld.» Das Befüllen der Speicher müsse vorfinanziert werden. Man könne das Preisrisiko nicht den Versorgern allein überlassen.

Die Mitgas habe vorausschauend einen Kavernenspeicher in Staßfurt mit einem Volumen von 1,8 Millionen Terawattstunden angemietet. «Wenn wir den zu einem Preis wie aktuell von 100 Euro pro Megawattstunde füllen, kostet das 180 Millionen Euro. Das ist ein Vielfaches unseres Jahresergebnisses.» Zwar komme beim Verkauf des Gases Geld wieder herein, aber niemand könne eine verlässliche Prognose über die Preisgestaltung abgeben.

Zur Debatte um einen möglichen Lieferstopp von russischem Gas sagte Auerbach: «Wir brauchen russisches Erdgas, um die Speicher zu füllen. Das gilt mindestens für die nächsten beiden Winter, schlimmstenfalls noch für einen dritten.» Wenn über Nacht der Hahn abgedreht werde, könnten die Speicher nicht vollständig gefüllt werden. «Und wenn es dann richtig kalt wird, gelangen wir in eine Situation, die wir Gasmangellage nennen». Dann müsste man Verbraucher abschalten, das werde zuerst die Industrie treffen.

«Dann entscheidet die Bundesnetzagentur, welche Industrien nicht mehr beliefert werden können. Das wird schmerzhaft sein. Der Schaden für die deutsche Volkswirtschaft ist gar nicht abzusehen», sagte Auerbach. Es gebe auch Produktionsanlagen, die man nicht sofort abschalten könne. Als Beispiel nannte der Mitgas-Chef Stahlwerke, Glashersteller und die chemische Industrie. Aber auch die privaten Haushalte müssten sich in Zukunft auf weitere Preissteigerungen einstellen. Mitgas hatte jüngst eine Erhöhung des Erdgaspreises um 4,25 Cent auf 13,32 Cent pro Kilowattstunde angekündigt.

EnviaM hat im vergangenen Jahr einen Umsatz von 2,766 Milliarden Euro (2020: 2,776) erwirtschaftet, das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) lag bei 316,7 Millionen Euro (317,9 Mio). Die Dividende wurde von 0,65 auf 0,77 Euro angehoben - Anteilseigner sind neben der Eon SE rund 650 ostdeutsche Kommunen. Der Energieversorger beliefert nach eigenen Angaben mehr als 1,3 Millionen Kunden in Sachsen, Sachsen-Anhalt, Brandenburg und Thüringen mit Strom, Gas und Wärme, betreibt aber auch ein eigenes Glasfasernetz.

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