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Entsetzen über Fackel-Protest vor Köppings Privathaus

Gegner der Corona-Politik haben am Wochenende erneut in Sachsen auf offener Straße protestiert - eine Gruppe versammelte sich am Freitagabend lautstark und mit Fackeln vor dem Haus von Gesundheitsministerin Petra Köpping (SPD). Politiker sprachen von einem Einschüchterungsversuch und verurteilten die Versammlung parteiübergreifend. Auch an anderen Orten löste die Polizei unerlaubte Versammlungen auf.

Im sächsischen Grimma zogen nach Angaben der Polizei am Freitagabend etwa 30 Menschen vor Köppings Wohnhaus. Als die Beamten eintrafen, seien die Menschen in mehreren Fahrzeugen geflüchtet. Die Polizei hielt 15 Autos an und stellte die Identitäten von 25 Personen fest. Sie erstattete Anzeige wegen des Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz und prüft Verstöße gegen die Corona-Verordnung. Zurzeit sind nur ortsfeste Versammlungen mit maximal zehn Teilnehmern in Sachsen erlaubt.

SPD-Chef Norbert Walter-Borjans schrieb am Samstag bei Twitter: «Was sich gestern vor dem Haus von Petra Köpping zugetragen hat, hat mit Sorge und Freiheitsdrang nichts zu tun. Das ist in Art und Auftritt faschistoid.» Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) sagte mit Blick auf die Kampforganisation der NSDAP: «Das sind Methoden, die hat die SA erfunden.»

Auch Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) erinnerte der Aufzug an «die dunkelsten Kapitel unserer deutschen Geschichte», wie er der «Bild am Sonntag» sagte. «Dieser Fackelumzug ist organisierte Einschüchterung einer staatlichen Repräsentantin.» Köpping selbst verurteilte den Protest vor ihrem Haus als «widerwärtig und unanständig».

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) schrieb auf Twitter: «Wir treten allen Kräften entgegen, die einschüchtern wollen.» Was Köpping passiert sei, gehe alle Sachsen an. Sein Regierungssprecher Ralph Schreiber sagte: «Als Konsequenz werden die Schutzmaßnahmen für Amtsträger und ihre Familien weiter erhöht.»

Auch Innenminister Roland Wöller (CDU) forderte eine schnelle Ahndung des Protests. Es brauche ein «klares und schnelles Signal des Rechtsstaats». «Es kommt jetzt auch darauf an, dass wir mit der Staatsanwaltschaft eine Verfahrensweise finden, um begangene Verstöße schnell zu ahnden.» Wöller war zuletzt in die Kritik geraten, weil die sächsische Polizei nach Ansicht etwa von Grünen, SPD und Linken nicht hart genug gegen Corona-Proteste in Sachsen vorgegangen war.

Am Wochenende schritt die Polizei gleich an mehreren Orten gegen unerlaubte Corona-Proteste ein. In Freiberg (Landkreis Mittelsachsen) hatten sich laut Polizei-Angaben schätzungsweise 150 Menschen versammelt. Die Beamten sprachen ein Paar an, das sich weigerte, den Platz zu verlassen. Als sie die Identität der beiden feststellen wollten, leistete der Mann Widerstand und verletzte laut Angaben der Polizei einen Beamten leicht. Ein Transporter-Fahrer rollte auf eine Polizistin zu und stoppte erst im letzten Moment. Gegen beide Männer wurde Strafanzeige erstattet.

In Borna löste die Polizei eine Versammlung mit rund 30 Teilnehmern auf und erstattete gegen zwölf Anzeige wegen Verstößen gegen die Corona-Notfallverordnung. In Oschatz gab es einen stillen Protest von 50 Menschen.

Unterdessen bleibt die Sieben-Tage-Inzidenz in Sachsen auf sehr hohem Niveau. Das Robert Koch-Institut gab die Zahl der wöchentlichen Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner am Sonntag mit 1227,1 an, womit sich diese im Vergleich zum Vortag (1235,1) kaum veränderte. Sachsen hat damit bundesweit mit weitem Abstand die höchste Inzidenz vor den Nachbarländern Thüringen (1036,7) und Sachsen-Anhalt (841,3).

Um Rechtssicherheit für eine Fortsetzung bestehender Schutzmaßnahmen zu schaffen, will der Sächsische Landtag am Montag über die Feststellung der epidemischen Lage im Freistaat entscheiden. Dann werden erneut Proteste von Corona-Gegnern vor dem Parlament erwartet. «Auch Extremisten mobilisieren für einen Protest vor dem Sächsischen Landtag. Unsere Gefahrenprognose, Grundlage unserer Einsatztaktik, ist damit eine ganz andere als an den vergangen Montagen», sagte Polizeipräsident Jörg Kubiessa. Eine «härtere Gangart der Polizei» werde die logische Konsequenz sein.

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