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Zwickaus OB: Dokumentationszentrum nicht auf NSU verengen

„Opfer des NSU“ ist auf einer Gedenkplatte für die Opfer der Terrorzelle NSU in Zwickau zu lesen. / Foto: Hendrik Schmidt/dpa-Zentralbild/dpa/Archiv
„Opfer des NSU“ ist auf einer Gedenkplatte für die Opfer der Terrorzelle NSU in Zwickau zu lesen. / Foto: Hendrik Schmidt/dpa-Zentralbild/dpa/Archiv

Braucht Sachsen ein Dokumentationszentrum zum NSU-Terror? Das Land hat dazu ein Konzept in Auftrag gegeben, im Mai soll es vorgestellt werden. Zwickaus Oberbürgermeisterin Arndt mahnt jedoch, den Fokus einer solchen Einrichtung zu weiten.

Zwickaus Oberbürgermeisterin Constance Arndt (parteilos) will die Aufarbeitung zur rechtsextremen Terrorzelle NSU forcieren, sieht das vom Land vorangetriebene Dokumentationszentrum jedoch skeptisch. Unstrittig sei, dass die Auseinandersetzung und Aufarbeitung als Stadtgesellschaft weiter gehen müsse, sagte Arndt der Deutschen Presse-Agentur. Dazu soll es in Zwickau etwa weitere Dialogformate und im kommenden Jahr eine Ausstellung geben.

Die Landesregierung unterstützt zudem Pläne für ein Dokumentationszentrum zum NSU-Terrorismus und hat beim Verein Regionale Arbeitsstellen für Bildung, Integration und Demokratie (RAA Sachsen) ein Konzept in Auftrag gegeben. Das soll nach Angaben des Vereins Anfang Mai dem Justizministerium übergeben werden. Als Standorte sind Chemnitz und Zwickau im Gespräch.

Der Fokus einer solchen Einrichtung auf den NSU («Nationalsozialistischer Untergrund») greift für Arndt zu kurz: «Das verwischt den Blick auf andere rechtsextreme und andere extreme Phänomene.» Zudem müsse das Ganze auf die Zukunft orientiert sein. Dabei gehe es etwa um Fragen nach den Ursachen von Extremismus und wie solche Taten, wie Extremismus und Rassismus vermieden werden können, sagte Arndt. «Dafür stehe ich auf jeden Fall zur Verfügung.» Eine solch breitere Ausrichtung müsse sich dann aber auch im Namen des Zentrums widerspiegeln.

In Zwickau wird bereits mit einem Gedenkort im Schwanenteichpark an die Mordopfer des NSU erinnert: acht türkischstämmige und einen griechischstämmigen Kleinunternehmer sowie eine deutsche Polizistin. Für jeden von ihnen steht dort ein Baum samt Gedenktafel. Seit Oktober wurde zudem in Zwickau mit einer Dialogreihe diskutiert, wie mit der Aufarbeitung des NSU-Komplex in der Stadt weiter umgegangen werden soll. Moderiert wurde dies von der Landeszentrale für politische Bildung; der Abschluss war am Mittwochabend.

Trotz Meinungsverschiedenheiten sei Konsens gewesen, dass viel mehr für politische Bildung und Aufklärung getan werden müsse, betonte Arndt. Hier müsse das neue Zentrum ansetzen. Ansonsten sei kritisch zu hinterfragen, was ein solches Dokumentationszentrum an Aufklärung zum NSU tatsächlich noch leisten könne nach dem jahrelangen Prozess am Oberlandesgericht München sowie Untersuchungsausschüssen in mehreren Parlamenten. Auch forderte Arndt, dass die Schaffung eines solchen Zentrums in einem demokratischen Prozess erfolgen müsse. Das sei wichtig, um viele Menschen mitzunehmen und mehr Akzeptanz in der Bevölkerung zu schaffen.

Das NSU-Trio hatte nach seiner Flucht aus Jena Ende der 1990er Jahre mit Hilfe von Unterstützern zunächst in Chemnitz Zuflucht gefunden und sich mit Raubüberfällen in der Region Geld beschafft. Später hatten die Rechtsterroristen jahrelang unbehelligt in Zwickau gelebt. Sie sind für zehn Morde und weitere Straftaten verantwortlich.

Bis heute sei es für einige Menschen traumatisch zu erkennen, dass in ihrem Umfeld Menschen gelebt haben, die zu solchen Taten fähig waren, erklärte Arndt rückblickend auf den Austausch bei den Dialogforen. «Es besteht Einigkeit in der Stadtgesellschaft, dass diese Taten abgelehnt werden.» Daher sei es ihrer Ansicht nach falsch, wenn im Zusammenhang mit dem NSU auf Zwickau gezeigt werde und der Eindruck einer Täterstadt erweckt werde. «Der Zwickauer ist in seiner Haltung nicht anders als der Bochumer, der Berliner und der Heidelberger.»

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