Die Ergebnisse des Flüchtlingsgipfels von Bund und Ländern haben in Sachsen unterschiedliche Resonanz ausgelöst. Kritik gab es von der CDU. Die SPD hielt die vom Bund zugesagte Überweisung von einer Milliarde Euro an die Länder für einen «wichtigen Beitrag». Die Grünen begrüßten zwar die Entlastung für die Länder, forderten aber wie die Union eine dauerhafte Lösung. Nach Ansicht der Linken haben Bund und Länder ein «Gruselpaket anstelle menschenwürdiger Lösungen» beschlossen.
Staatskanzleichef Oliver Schenk, der den wegen einer USA-Reise verhinderten sächsischen Ministerpräsidenten Michael Kretschmer (CDU) bei dem Gipfel vertrat, hatte sich schon am Mittwochabend ernüchtert gezeigt und bekräftigte am Donnerstag seine Vorbehalte. Er verwies auf eine gemeinsame Protokollerklärung von Bayern, Sachsen-Anhalt und Sachsen zum Beschluss des Flüchtlingsgipfels.
«Die vom Bund vorgesehene Erhöhung um eine Milliarde Euro ist völlig unzureichend und wird der Belastungssituation vor Ort in keiner Weise gerecht», heißt es unter anderem in der Notiz. Der Bund entziehe sich seiner Verantwortung, die er aufgrund seiner Zuständigkeit für die Ordnung und Steuerung des Migrationsgeschehens trage. Es bedürfe einer dauerhaften und «atmenden Regelung, die sich automatisch den jeweiligen Flüchtlingszahlen und Kostensteigerungen anpasst und damit Verlässlichkeit für die Bundesländer schafft». Laut Schenk entfallen von der zusätzlichen Summe auf Sachsen knapp 50 Millionen Euro.
Mit Blick auf Kontrollen an den Grenzen zu Polen und Tschechien sah der Staatskanzleichef die «Tür mehr als einen Spalt» geöffnet. Man werde sich mit Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) darüber verständigen. Schenk nahm auf die schon seit Jahren bestehenden Grenzkontrollen zwischen Bayern und Österreich Bezug. «Sinnvoll ist auch die Intensivierung der Schleierfahndung, wie zum Beispiel die zahlreichen Aufgriffe durch die Bayerische Grenzpolizei zeigen», lautet ein anderer Passus in der gemeinsamen Protokollnotiz.
Die CDU sah die Ergebnisse des Treffens sehr kritisch. «Bei der Flüchtlingspolitik ist diese Bundesregierung weder handlungsfähig noch handlungswillig», sagte CDU-Generalsekretär Alexander Dierks. Eine Grundsatzentscheidung über dauerhaft höhere Bundesmittel an die Länder für die Flüchtlingskosten sei vertagt worden. Der Bund lasse vor allem Landkreise, Städte und Gemeinden im Regen stehen.
Die Vereinbarungen blieben «hinter allen Erwartungen zurück», erklärte CDU-Innenpolitiker Ronny Wähner. Die Ergebnisse seien «einfach nur ernüchternd bis schlichtweg enttäuschend». Die einmalige Erhöhung erkenne nicht die dauerhaften finanziellen Belastungen in den Ländern und Kommunen an. «Auch die anderen Absichtserklärungen sind nur ein Placebo und helfen nicht, den Asyl-Zustrom schnellstens zu stoppen.» Deutschland brauche eine Obergrenze für Flüchtlinge, die gemeinsam mit den Landkreisen und Kommunen gefunden werden müsse.
Nach Einschätzung von SPD-Chef Henning Homann sind sowohl der Bund als auch die Länder zum Handeln verpflichtet. Sachsen sei in der Verantwortung, etwa zusätzliche Kapazitäten für die Erstaufnahme zu schaffen. «Es geht ums Machen und nicht ums Profilieren. Bei allem Verständnis für politischen Wettbewerb: Im Fokus muss das Lösen von Problemen stehen. Auf den Bund schimpfen, aber die eigenen Hausaufgaben nicht machen, wird der gemeinsamen Verantwortung jedenfalls nicht gerecht.»
Grünen-Vorsitzende Christin Furtenbacher nannte das Resultat des Treffens einen «ersten wichtigen Schritt» zur Verbesserung der akuten Situation in den Kommunen. Der zusätzliche Geldbetrag könne aber nur eine erste Hilfe darstellen: «Wir werden weiter an der Seite der Kommunen dafür kämpfen, dass es eine dauerhafte, verlässliche Lösung für die Finanzierungsfrage gibt.»
Auch Linke-Politikerin Juliane Nagel hielt das zusätzliche Geld des Bundes für nicht ausreichend und unterstützte die Forderung, Pro-Kopf- Zahlungen an die Stelle pauschaler Zuweisungen für Flüchtlinge treten zu lassen. «Abgesehen von der Finanzierungsfrage enthält das Papier zahlreiche Verabredungen, das Asylrecht auszuhöhlen.»
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