Im Prozess gegen den mutmaßlichen Attentäter vom Holocaust-Mahnmal in Berlin haben Polizisten von der Begegnung mit dem Angeklagten wenige Stunden nach der Tat berichtet. Der 19-Jährige sei mit erhobenen Händen auf Einsatzkräfte zugegangen, habe sich gestellt und zugegeben, für den beinahe tödlichen Angriff auf einen spanischen Besucher der Gedenkstätte verantwortlich sei, sagten Beamte vor dem Berliner Kammergericht.
Angeklagt ist ein junger Syrer, der am 21. Februar dieses Jahres aus Leipzig nach Berlin gereist sein soll, um Juden zu töten, so die Bundesanwaltschaft. Im Stelenfeld des Mahnmals unweit des Brandenburger Tors habe er einen inzwischen 31-jährigen Mann durch einen 14 Zentimeter langen Schnitt an der Kehle lebensgefährlich verletzt.
Verdächtiger stellte sich «mit erhobenen Händen»
Die Bundesanwaltschaft geht von einer radikal-islamistisch und antisemitisch motivierten Tat aus. Sie wirft dem 19-Jährigen versuchten Mord, gefährliche Körperverletzung und versuchte Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung vor. Er habe im Namen des «Islamischen Staats» (IS) einen Angriff auf einen Menschen begehen und diesen töten wollen, heißt es laut Anklage.
Ein 26-jähriger Polizist sagte am zweiten Verhandlungstag, der Angeklagte habe sich etwa zweieinhalb Stunden nach der Messerattacke gestellt. «Er kam mit erhobenen Händen langsam auf uns», sagte der Zeuge. Er und ein Kollege hätten zu dem Zeitpunkt an einer Absperrung in der Nähe des Tatortes gestanden. Als sie Blut an den Händen und der Kleidung des Mannes sahen, «realisierten wir, dass es der Tatverdächtige sein könnte».
Gebetsteppich, Koran und Messer im Rucksack
Ohne Gegenwehr ließ sich der Mann festnehmen, schilderte ein weiterer Beamter. «Er gab die Tat zu», sagte der 24-jährige Beamte. Im Rucksack des jungen Mannes hätten Kollegen unter anderem einen Gebetsteppich, einen Koran und ein Jagdmesser sichergestellt.
Den Ermittlungen zufolge wählte der 19-Jährige das Holocaust-Mahnmal als Tatort, weil er davon ausging, dort «mit hoher Wahrscheinlichkeit einen Menschen jüdischen Glaubens» zu treffen. Das Denkmal des Architekten Peter Eisenman erinnert an die sechs Millionen Juden in Europa, die unter der Herrschaft der Nationalsozialisten ermordet wurden.
Der Angeklagte, der laut Behördenangaben 2023 als unbegleiteter, minderjähriger Flüchtling nach Deutschland kam und in einer Unterkunft in Leipzig wohnte, befindet sich seit seiner Festnahme in Untersuchungshaft. Das Opfer, ein Ernährungswissenschaftler aus dem Baskenland, wird voraussichtlich am 3. Dezember vor Gericht als Zeuge aussagen.
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