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Forderungen nach längeren Arbeitszeiten stoßen auf Kritik

Sachsen Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) im Plenarsaal. / Foto: Robert Michael/dpa
Sachsen Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) im Plenarsaal. / Foto: Robert Michael/dpa

Martin Dulig, Arbeitsminister in Sachsen, hat die Forderungen von Ministerpräsident Michael Kretschmer nach längeren Arbeitszeiten kritisiert. Dulig bezeichnete die Forderungen als zynisch und betonte, dass eine Erhöhung der Arbeitszeiten und Renteneintritte das Problem des Fachkräftemangels nicht lösen würden.

Die Forderungen des sächsischen Regierungschefs Michael Kretschmer (CDU) nach längeren Arbeitszeiten und späterer Renteneintritte sorgen im Landtag für Diskussionen. «Wenn Michael Kretschmer jetzt eine Verlängerung der Arbeitszeiten im Osten fordert - in dem Wissen, dass wir hier ohnehin schon bis zu zwei Wochen mehr arbeiten als im Westen - ist das zynisch», sagte der sächsische Arbeitsminister Martin Dulig (SPD) am Donnerstag auf Anfrage. Dulig zufolge sei es wesentlich sinnvoller, wenn die Tarifbindung in Sachsen endlich steigen würde. Kretschmer will mit seinen Vorschlägen den Mangel an Arbeitskräften in den Griff bekommen.

Kretschmer hatte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) am Donnerstag gesagt, dass alle eine Stunde pro Woche länger arbeiten könnten, um dem Arbeitskräftemangel entgegenzuwirken. «Würde jeder Erwerbstätige in Deutschland nur eine Stunde pro Woche länger arbeiten, würde sich ein großes Potenzial für die Bekämpfung des Fachkräftemangels ergeben.» Zudem brauche es neue Arbeitszeitmodelle und mehr Anreize für Arbeiten über die Rente hinaus.

Auch diesen Vorschlag wies Dulig zurück. «Generell wird eine Erhöhung der Arbeitszeiten und Renteneintritte das Problem der fehlenden Arbeits- und Fachkräfte nicht lösen.» Vielmehr brauche es gute Aus- und Weiterbildungen, mehr Zuwanderung von Arbeits- und Fachkräften und Investitionen in die Automatisierung von Arbeitsabläufen. Duligs Parteikollegin und Sozialministerin, Petra Köpping, sagte: «Das ist kein Beitrag zur Fachkräftesicherung, sondern ein Rentenkürzungsvorschlag auf dem Rücken der Beschäftigten.»

Die Landesvorsitzenden der Linken, Susanne Schaper und Stefan Hartmann, bezeichneten Kretschmers Äußerungen als «Vorschläge aus dem letzten Jahrhundert». «Länger arbeiten führt keineswegs zu einem höheren Arbeitsertrag. Entscheidend ist die Arbeitsproduktivität», sagte Schaper. Hartmann betonte: «Kretschmer will den Leuten einfach nur weismachen, sie sollen sich am Fließband mehr anstrengen und eine Stunde länger dort stehen, um unseren Wohlstand zu erhalten.» Eigentlich sei aber eine Modernisierung der Anlagen und Infrastruktur nötig.

Dem wirtschaftspolitischen Sprecher der Grünen, Gerhard Liebscher, zufolge sitzt Kretschmer mit seinen Vorschlägen einem grundlegenden Irrtum auf. «Statt auf Unternehmen und Arbeitnehmende zu zeigen, sollten wir viel stärker über die Rahmenbedingungen sprechen.» Er forderte strukturelle Verbesserungen bei der Vereinbarkeit von Familie und Arbeitsleben - etwa ein funktionierendes und flächendeckendes ÖPNV-Netz.

Auch der AfD-Fraktionsvorsitzende, Jörg Urban, lehnte Kretschmers Forderungen ab. Er sehe die Probleme nicht am fehlenden Fleiß, sondern an den «Ausgabenexzessen der Regierung».

Zudem kritisierte der sächsischen DGB-Chef Markus Schlimbach, dass Kretschmer zum wiederholten Male die Forderung von Arbeitgebern eins zu eins wiederhole. «Manche Arbeitgeber in Sachsen haben bis heute nicht verstanden, dass Motivation und gute Arbeitsbedingungen ganz eng miteinander verbunden sind.» Zum Halten von Fachkräften brauche es bessere und nicht schlechtere Bedingungen.

Sachsens GEW-Chef Burkhard Naumann sieht das ähnlich und bezeichnete Kretschmers Äußerungen als «weltfremd». Sein Vorschlag: «Wir brauchen eine Verkürzung der Wochenarbeitszeit, damit der Beruf nicht krank macht.»

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