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Ost-Regierungschefs wollen Fachkräftemangel entgegenwirken

Ein Schiffbauer schweißt auf einem der Decks eines sich im Bau befindlichen Kreuzfahrtschiffes. / Foto: Jens Büttner/dpa-Zentralbild/dpa/Symbolbild
Ein Schiffbauer schweißt auf einem der Decks eines sich im Bau befindlichen Kreuzfahrtschiffes. / Foto: Jens Büttner/dpa-Zentralbild/dpa/Symbolbild

Der demografische Wandel schlägt in Ostdeutschland deutlich früher und stärker durch als in anderen Teilen der Bundesrepublik. «Ostdeutschland ist keine Orchidee, sondern im Wesentlichen ein Frühblüher für die Entwicklung, die wir in Gesamtdeutschland vor uns haben», sagte Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) am Montag auf der Fachkräftekonferenz Ost in Schwerin.

Sachsens Regierungschef Michael Kretschmer (CDU) sprach von einer Zeitenwende. Während Anfang der 2000er bei Quoten um die 20 Prozent der Kampf gegen die Massenarbeitslosigkeit im Vordergrund gestanden habe, rücke nun die Gewinnung und Sicherung von Fachkräften ins Zentrum. «Wir haben es geschafft, in 32 Jahren aus diesem Landstrich den moderneren Teil Deutschlands zu machen. Mit viel Geld und mit viel Kraft. Jetzt geht es um nichts weniger, als ob diese Lebensleistungen Bestand haben, ob wir diese Erfolgsgeschichte fortschreiben können oder nicht», erklärte der Vorsitzende der Ost-Ministerpräsidentenkonferenz.

Der Fachkräftemangel sei die größte Bedrohung für den Wohlstand in Deutschland, betonte Heil. Neben der Erschließung noch brach liegender Potenziale im Inland sei auch eine geordnete Zuwanderung unumgänglich, um künftig den Bedarf an Mitarbeitern zu decken. Dem pflichtete die Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur für Arbeit (BA), Andrea Nahles bei: «Wir müssen in der Gesellschaft das Verständnis schaffen, dass Leute zu uns kommen. Wir brauchen eine neue Willkommenskultur.»

Das Treffen mit Vertretern aus Wirtschaft, Gewerkschaften und Arbeitsagenturen war von den ostdeutschen Regierungschefs initiiert worden, um gemeinsam zu beraten, wie der Berufsnachwuchs gesichert werden kann. Infolge geringer Geburtenraten und hoher Abwanderung vornehmlich junger Leute in den Nachwendejahren bleiben frei werdende und neu geschaffene Stellen in ostdeutschen Firmen immer häufiger unbesetzt.

In einem neunseitigen Beschluss wird eine Vielzahl von Maßnahmen aufgeführt, mit denen das Fachkräftepotenzial im Osten besser erschlossen werden soll. Dazu gehören eine bessere Berufsorientierung an Schulen, die Senkung der Zahl der Jugendlichen ohne Berufsabschluss, die Beschäftigung ältere Arbeitnehmer und eine ausgedehnte, kontinuierliche Qualifizierung. Nach Angeben von Heil verlassen alljährlich etwa 45.000 junge Menschen die Schule ohne Abschluss, 1,3 Millionen im Alter zwischen 20 und 30 hätten keine abgeschlossene Berufsausbildung.

«Ostdeutschland ist mit der demografischen Entwicklung bundesweit voraus. Wir sehen uns als diejenigen, die als erste das Thema Fachkräftebedarf managen müssen und vielleicht auch Impulse für ganz Deutschland geben können», sagte Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) als Gastgeberin.

«Uns ist klar, wenn dieser Krieg und wenn diese Energiekrise nicht da wären, dann wäre das das dominierende Thema», sagte Kretschmer. Die Konferenz in Schwerin habe gezeigt, dass sich alle Beteiligten ihrer Verantwortung bewusst seien. Bei der nächsten Ost-Ministerpräsidentenkonferenz im Juni in Chemnitz werde die Fachkräftesicherung erneut Thema sein.

Nach den Worten von BA-Chefin Nahles hat der Osten Deutschlands die älteste Bevölkerung. Noch dramatischer als der prognostizierte Einwohnerrückgang sei der Rückgang der erwerbsfähigen Bevölkerung. Diese nehme in den kommenden 15 Jahren um fast 17 Prozent ab. «Deshalb ist es gut und wichtig, dass wir uns speziell für Ostdeutschland eine Fachkräfteinitiative überlegen», sagte Nahles.

Im Namen der Arbeitgeber mahnte der Präsident der Vereinigung der Unternehmensverbände Mecklenburg-Vorpommerns, Lars Schwarz, zu Tempo. «Das Problem kommt nicht auf uns zu. Es ist längst da», sagte er und forderte einen Masterplan, um den auch durch politische Vorgaben eingeleiteten Strukturwandel bewältigen zu können. Dabei gehe es um eine zeitgemäße Infrastruktur, bessere Bildung und mehr Qualifizierung.

Wie zuvor schon Schwesig verwies auch die Vorsitzende des DGB Nord, Laura Pooth, auf die Bedeutung einer guten Bezahlung für die Attraktivität von Arbeitsplätzen. Der Schlüssel zur Sicherung und Gewinnung von Arbeitskräften liege in guten Arbeitsbedingungen und wettbewerbsfähigen Löhnen. «Und vor allem in der längst überfälligen Lohnangleichung Ost-West», betonte Pooth. Sie beklagte eine vergleichsweise geringe Tarifbindung der Unternehmen im Osten. Nach Angaben der der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung beträgt die Ost-West-Lohnlücke bei Gleichqualifizierten etwa 14 Prozent.

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