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Seelsorge im Autoscooter: Neuer Pfarrer geht auf Reisen

Pfarrer Klaus Zebe steht auf dem Domplatz, einem beliebten Ort für Volksfeste. / Foto: Michael Reichel/dpa
Pfarrer Klaus Zebe steht auf dem Domplatz, einem beliebten Ort für Volksfeste. / Foto: Michael Reichel/dpa

Auch ohne eigenes Gotteshaus bilden Zirkus-Mitarbeiter und Schausteller eine christliche Gemeinde. Ihr neuer Seelsorger für die Evangelische Kirche in Mitteldeutschland, Klaus Zebe, besucht sie auch an ungewöhnlichen Orten.

Gottesdienst auf dem Autoscooter, Trauung in der Manege - für den neuen Zirkus- und Schausteller-Seelsorger der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM) gehört das zum Alltag. Der 43-jährige Klaus Zebe ist seit Mittwoch für das fahrende Volk in der Region zuständig. Offiziell ins Amt eingeführt wird er mit einem Gottesdienst am 31. März auf einem Volksfest in Erfurt.

Seelsorge und Gottesdienste an besonderen Orten kennt Zebe bereits aus seiner bisherigen Tätigkeit als Kreisjugendpfarrer in Erfurt. Das neue Amt verlangt noch etwas mehr Flexibilität. Er besucht Zirkus-Mitarbeiter, Schausteller, Marktkaufleute und Puppenspieler bei Gastspielen, auf Jahrmärkten und in ihren Winterquartieren auf dem Gebiet der Landeskirche. Doch die Grenzen der Gemeinde auf Reisen lassen sich nicht genau abstecken, wie Zebe sagt. Wenn er im Trauerfall, für Taufen oder Hochzeiten angefragt wird, fährt er zu den Menschen hin - egal, wo sie gerade sind: «Es geht vor allem um Beziehungsarbeit, das Territorium spielt nicht so eine große Rolle.»

Die Evangelische Kirche in Deutschland betreut nach eigenen Angaben seit mehr als 60 Jahren Zirkusleute und Schausteller. Bundesweit gehören etwa 23.000 Mitglieder zur Gemeinde, heißt es. In Thüringen gibt es seit rund 13 Jahren einen eigenen Seelsorger für diese Gruppe. Pfarrer Zebe folgt auf Conrad Herold, der Ende Dezember in den Ruhestand gegangen ist. Nach Angaben der Kirche ist Zebe einer von deutschlandweit drei Seelsorgern, die sich hauptamtlich um Zirkus- und Schaustellerfamilien kümmern - ansonsten geschieht dies ehrenamtlich.

Eine Reihe an jährlich stattfindenden Gottesdiensten steht bereits im Kalender des Pfarrers, der diese Traditionen - wie am Vorabend des Erfurter «Altstadtfrühlings» - nicht abreißen lassen will. Dazwischen bleibt viel Raum für die Vorstellungen der Gemeindemitglieder. «Ich erlebe immer wieder, wie dankbar Menschen sind, wenn man sie mit ihren Ideen und Wünschen ernst nimmt und gemeinsam Wege findet, zeitgemäß und persönlich den Segen Gottes weiterzugeben», sagt Zebe. Ihm mache es Spaß, «aus ungewöhnlichen Situationen gemeinsam mit den Leuten etwas zu machen», sagt er. So könne auch eine Trauung am See zu Hip-Hop-Musik feierlich und würdevoll sein.

«Schausteller und Zirkusleute haben oft einen anderen Blick auf Fragen des Glaubens und des Lebens und ich habe Lust, gemeinsam mit ihnen auf die Suche zu gehen», sagt Zebe. Der Glaube und die Zugehörigkeit zur christlichen Gemeinde seien für die Menschen von Bedeutung, weniger die Zuordnung zu einer Ortsgemeinde. Seine wichtigsten Anliegen sind es daher, Rituale und Traditionen zu pflegen, Glaubensfragen - zum Beispiel in gemeinsamen Gottesdiensten - nachzugehen und Freizeiten für Kinder und Jugendliche zu etablieren.

Bereits als Jugendlicher schnupperte Klaus Zebe Zirkusluft, lernte das Jonglieren und zog mit einer Gruppe durch Thüringer Dörfer und Kleinstädte. Später engagierte er sich bei Kinder- und Jugend-Zirkussen. Auf dem Erfurter Weihnachtsmarkt betreute er mehrere Jahre lang einen Stand. Mit seinen Erfahrungen könne er sich zumindest ein wenig in die Lebenswelt seiner Gemeindemitglieder hineinversetzen, sagt Zebe. Und er spielt mit dem Gedanken, sich einen Wohnwagen als mobiles Büro anzuschaffen.

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