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Per Google-Übersetzer auf Arbeitssuche: Messe für Ukrainer

Das Logo der Agentur für Arbeit. / Foto: Sebastian Gollnow/dpa/Symbolbild
Das Logo der Agentur für Arbeit. / Foto: Sebastian Gollnow/dpa/Symbolbild

Es muss nicht gleich der Traumjob sein. Eine Ärztin aus der Ukraine, die vor dem Krieg in der Heimat geflohen ist und nun wie etwa 8500 Landsleute in Dresden lebt, möchte bis zur Anerkennung ihres Berufsabschlusses gern als Kosmetikerin arbeiten. Ein Eisenbahner hat sich als Lagerarbeiter beworben, eine Bauingenieurin als Bauzeichnerin. Jan Pratzka, Chef der Arbeitsagentur in Dresden, kennt mehrere Beispiele dieser Art. Er spricht von «Menschen mit Potenzial». Sie seien hochmotiviert und würden sich gern einbringen. In Dresden gebe es rund 5700 offene Stellen. «Es ist für jeden etwas da, es gibt Chancen für alle.»

Das Interesse bei den Flüchtlingen ist auf jeden Fall groß. Als am Montagvormittag im World Trade Center die erste Dresdner Jobbörse für Ukrainerinnen und Ukrainer begann, waren die Stände von gut 40 Unternehmen und Verbänden sofort dicht umlagert. Viele Betroffene kommunizierten mangels Deutschkenntnissen per Google-Übersetzer mit den Firmenvertretern. Die meisten Unternehmen hatten Muttersprachler dabei. So wie der Chiphersteller Infineon, der seine ukrainische Mitarbeiterin Mariia Kozachok mitbrachte.

«Wir haben ein Büro in Lviv und hatten schon vor Beginn des Krieges Mitarbeiter in der Ukraine angeworben», berichtete Felix Krackau, der als Talent Attraction Manager bei Infineon in Dresden für die Anwerbung von Fachkräften zuständig ist. Fünf Arbeitsverträge seien bereits unter Dach und Fach gewesen, dann habe der Krieg Russlands gegen die Ukraine eine Anreise der neuen Mitarbeiter unmöglich gemacht. Nun soll die Suche nach Fachkräften hier weitergehen.

Am Nachbarstand des Chipherstellers Globalfoundries meldete sich unter anderen eine Frau, die Metallurgie studiert hat und nun einen Job im technischen Bereich sucht. Der Standbetreuer kann sich vorstellen, dass sie als Prozessingenieurin zum Einsatz kommt. Um konkrete Arbeitsverträge geht es bei der Jobbörse aber nicht in erster Linie. Es ist eher ein Abtasten und Ausloten, man tauscht Kontakte aus und lädt bei konkretem Interesse in die Firma ein.

Der Konsum Dresden bietet beispielsweise einen Testtag an. «Die Bewerberinnen sind sehr ehrgeizig und motiviert. Sie berichten uns, dass sie eine ähnliche Arbeit auch in der Ukraine gemacht haben», sagte eine Angestellte aus der Konsum-Personalabteilung. In den Filialen könnten sie auch bei nur geringen Deutsch-Kenntnissen zum Einsatz kommen, etwa beim Auffüllen der Regale.

Ein organisatorisches Problem müssen aber fast alle Arbeitgeber lösen. Da viele Geflüchtete vormittags meist Sprachkurse absolvieren, sind sie vorerst nur stundenweise verfügbar. Wohl auch deshalb fragten zwei junge Frauen beim Backhaus Dresden an, ob sie nur drei Stunden am Tag arbeiten können und wie gut die Deutschkenntnisse sein müssten. Der Hersteller von Backwaren beruhigte: Nicht für alle Arbeiten sei Deutsch eine zwingende Voraussetzung.

Nach Darstellung von Agenturchef Jan Pratzka ist die Sprache die größte Hürde bei der Arbeitsaufnahme. In Berufen wie dem der Ärztin sei zudem die Anerkennung der Abschlüsse aufwendiger. «Die Ukrainer haben meist eine gute Ausbildung.» Das mache sie für Firmen in Deutschland attraktiv. Derzeit seien im Bereich der Dresdner Arbeitsagentur gut 500 Menschen gelistet, in deren Profil die ukrainische Sprache als Kompetenz angegeben ist.

Mehrere Firmen haben ihre Präsenz auf der Jobbörse auch als Hilfsangebot für Menschen in einer Notlage empfunden. «Uns ist klar, dass diese Leute nicht ewig bei uns bleiben», sagte Geschäftsführer Tino Gierig. Es sei aber für beide Seiten eine Win-Win-Situation.

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