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Aufgeheizte Stimmung bei Anti-Asyl-Protest in Zittau

Ein Blaulicht leuchtet auf dem Dach eines Streifenwagens der Polizei. / Foto: Christoph Soeder/dpa/Symbolbild
Ein Blaulicht leuchtet auf dem Dach eines Streifenwagens der Polizei. / Foto: Christoph Soeder/dpa/Symbolbild

Nach einer Demonstration gegen eine geplante Asylunterkunft im Zittauer Ortsteil Hirschfelde haben sich aggressive Teilnehmer ins Rathaus der Stadt gedrängt. Dort fand am Donnerstagabend parallel eine Stadtratssitzung statt. Es seien «deutlich zu viele und teilweise sehr aggressive Personen in den Saal» gekommen, sagte Zittaus Oberbürgermeister Thomas Zenker (Zittau kann mehr) am Freitagmorgen. Die Stadtspitze habe die Polizei gerufen, um die Lage in den Griff zu bekommen. Zu der Demonstration hatten die rechtsextremen Freien Sachsen aufgerufen.

Nach Polizeiangaben beteiligten sich rund 350 Menschen an der Demonstration «Kein Asylheim in Hirschfelde». Nach mehreren kurzen Reden sei dazu aufgerufen worden, in die öffentliche Stadtratssitzung zu gehen, teilte die Polizei mit. Wegen der großen Menschenmenge und weil ein Teil «sehr aggressiv auftrat», habe der Referent des Oberbürgermeisters die Polizei um Unterstützung gebeten. Für den Ernstfall wären genug Einsatzkräfte vor Ort gewesen, um den Saal räumen zu können.

«Nicht zuletzt aufgrund des besonnenen Auftretens des Oberbürgermeisters sowie des Ortsbürgermeisters von Hirschfelde konnte die Lage letztlich soweit beruhigt werden, dass die Menschen den Saal ohne polizeiliches Zutun verließen und die dort verbliebenen mit dem Oberbürgermeister ins Gespräch kommen konnten», erklärte eine Polizeisprecherin.

Innenminister Armin Schuster (CDU) sprach von einem Alarmsignal. «Unser Ziel ist es, die Bürgermeister vor Ort bestmöglich auf solche Lagen vorzubereiten und in jeder Hinsicht zu unterstützen. Deshalb werden wir unser Schutzkonzept für Amts- und Mandatsträger weiter entwickeln und mit dem Expertennetzwerk auch die enge Abstimmung zwischen Kommune und Polizei nochmal intensivieren», sagte Schuster der Deutschen Presse-Agentur. Er sei Zenker sehr dankbar. Dessen Verhalten sei ein gutes Beispiel dafür, wie besonnen und couragiert mit solchen Situationen umgegangen werden kann.

«Die Landespolizei hat davor gewarnt, dass eine solche Situation entstehen könnte», erklärte Zenker. «Dennoch bestand bei uns in Zittau der unbedingte Wille, eine öffentliche Stadtratssitzung auch wie üblich als öffentliche Stadtratssitzung durchzuführen.» Auch im Konfliktfall müsse eine Einwohnerfragestunde möglich sein. Er sei als Oberbürgermeister auf Fragen eingegangen, auch später noch auf dem Marktplatz. «Es war deutlich erkennbar, dass hier Menschen, die als Anwohnerin und Anwohner ihre Fragen und Sorgen loswerden wollten, von den Freien Sachsen und ähnlichen Truppenteilen für ihre Politik missbraucht wurden.»

«Wenn das Rathaus gestürmt und eine Stadtratssitzung unterbrochen wird, dann erinnert das an die dunkelste Stunde unserer Geschichte. Frei gewählte und ehrenamtliche Politiker sollen bedroht und eingeschüchtert werden. Das verurteile ich zutiefst», erklärte der Görlitzer CDU-Kreischef Florian Oest und dankte zugleich dem Zittauer OB. Ähnlich äußerte sich SPD-Landeschefin Kathrin Michel: «Menschen, die sich nicht an die Regeln unserer Demokratie halten, die unsere Demokratie gefährden, müssen wir klar in die Schranken weisen.»

«Viele Menschen erleben aus der allgemeinen Situation vor allem der letzten drei Jahre eine große Unsicherheit und sogar Ängste», so Zenker. Die Unterkunft für Geflüchtete werde von vielen Einwohnern als Gefahr für den kleinen Ortsteil betrachtet. «Das sollten wir nicht werten, sondern klar und deutlich mit den Menschen kommunizieren.» Es sei Geduld nötig, um solche Situationen wie in Zittau so zu lösen, «dass die Stadtgesellschaft damit genauso gelassen umgeht wie mit anderen Herausforderungen».

Die Kommunen in Sachsen stehen im Moment vor dem Problem, wieder mehr Flüchtlinge unterbringen zu müssen. Dagegen regt sich vor Ort teilweise Protest. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer sagte am Freitag im Deutschlandfunk, dass die Flüchtlingsunterbringung überall Deutschland an ihre Grenze stoße. Den Kommunen fehlten die Wohnungen, um die Menschen zu beherbergen.

In Dresden war am Freitagnachmittag in der Dreikönigskirche eine Informationsveranstaltung zur Unterbringung von Flüchtlingen geplant. Die Stadt hatte Anfang März bekannt gegeben, mangels Wohnungen auf Wohncontainer zu setzen und die Nutzung von Sporthallen zu vermeiden. Bis zum Herbst dieses Jahres sollen an neun Standorten Container für bis zu 824 Menschen entstehen - als vorübergehende Unterkunft. Die Kosten für die Miete, Aufbau und Bewirtschaftung der Container sowie die soziale Betreuung Betroffener wurden für die Dauer von zwei Jahren auf rund 47 Millionen Euro beziffert.

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