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Messerangreifer von Hof gesteht Tat

Ein Justizbeamter steht in einem Gerichtssaal. / Foto: Sebastian Gollnow/dpa/Symbolbild
Ein Justizbeamter steht in einem Gerichtssaal. / Foto: Sebastian Gollnow/dpa/Symbolbild

Ein 44-jähriger Mann hat beim Auftakt des Sicherungsverfahrens gegen ihn den Messerangriff auf einen polnischen Busfahrer im Juli in Hof eingeräumt. «Es tut mir leid. Ich wollte Ihren Vater nicht töten. Es war ein Unfall», sagte er am Freitag am Landgericht Hof in Richtung des anwesenden Sohns des 63-Jährigen. Der Mann war durch die Messerstiche ums Leben gekommen. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass der Angreifer zur Tatzeit schuldunfähig war. Statt eines Strafverfahrens wird daher ein Sicherungsverfahren geführt, an dessen Ende die Unterbringung des Mannes in einem psychiatrischen Krankenhaus stehen könnte.

Er leidet demnach seit Jahren an einer paranoiden-halluzinatorischen Schizophrenie und gerät regelmäßig in einen stark angespannten Zustand. Dann bedürfe es keines besonderen Anlasses, damit er Gewalt oder auch Waffen einsetze. Ohne Behandlung sei er eine Gefahr für die Allgemeinheit.

Der Mann aus Reichenbach im sächsischen Vogtland äußerte sich am Freitag ausführlich und bestätigte in weiten Teilen die Darstellung der Staatsanwaltschaft. Er sei in Bayreuth auf erfolgloser Arbeitssuche gewesen, habe zurück nach Sachsen gewollt, habe aber spätabends in Hof den Zug verpasst. Er habe sich in der Nähe des Busbahnhofs zum Schlafen hingelegt und sei mit einer polnischen Reisegruppe in Streit geraten, die dort Pause gemacht habe.

Laut der Anklage schlug er zunächst einen Fahrgast. Dann stach er demnach dem Busfahrer, der dazwischen ging, mit einem Taschenmesser mindestens zweimal in den Hals- und Nackenbereich. Der 63-Jährige starb noch am Tatort. Der Mann sei topfit und gesund gewesen und habe sich auf seine künftige Zeit gefreut, sagte der Rechtsanwalt des Sohnes, Janusch Nagel. Die Familie leide bis heute sehr darunter.

Der Beschuldigte sagte, er habe sich vom Krach der Reisegruppe gestört gefühlt, sei von den Fahrgästen beleidigt und als «Nichts» behandelt worden. «Dann hat mich die Wut ergriffen», sagte er. Wie sehr die Wahrnehmung des Mannes von seiner Krankheit geprägt war, war am Freitag nicht eindeutig zu klären. Über seine Schizophrenie zeigte sich der Mann reflektiert. Er höre Stimmen im Kopf, die ihn beleidigten und ihm sagten, er sei nichts wert. Außerdem bekomme er schnell Angst.

Seine Mutter, die als Zeugin auftrat, sagte, ihr Sohn sehe Zeichen, dass man sich gegen ihn verbünde. «Wenn er keine Medikamente genommen hat, dann hat er sich immer einen Schuldigen gesucht», sagte sie. Außerdem sei er sehr geräuschempfindlich. «Wenn jemand lacht oder hustet - das sind für ihn alles Zeichen, dass man sich gegen ihn verschworen hat.» Die beiden hätten den Mann mehr oder weniger als «tickende Zeitbombe» beschrieben, sagte Rechtsanwalt Nagel.

Seine Krankheit war laut Staatsanwaltschaft seit vielen Jahren bekannt. Mehrfach sei er in stationärer Behandlung gewesen, zwischenzeitlich habe er einen Betreuer gehabt. Medikamente lehnte er demnach zuletzt aber ab, die habe er «furchtbar» gefunden. Und er sei schon vorher mehrfach in Auseinandersetzungen geraten. Gut einen Monat vor der Tat in Hof stach er demnach an seinem Wohnort in Reichenbach im Vogtlandkreis mit einem Messer auf einen Nachbarn ein und verletzte ihn schwer.

Die Mutter sagte, sie habe ihm «immer und immer wieder» vergeblich gesagt, er solle in die Klinik gehen. Und sie wandte sich eigenen Angaben zufolge nach der Tat in Reichenbach mit Briefen an Ordnungs- und Gesundheitsamt sowie an den psychologischen Dienst und forderte seine Einweisung. Das sei aber leider «aufgrund des Versagens der Behörden» nicht geschehen, sagte Rechtsanwalt Nagel.

Die Staatsanwaltschaft Zwickau ermittelt in dem Zusammenhang wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung gegen unbekannt. Im Verdacht stünden Mitarbeiter des Landratsamts Vogtlandkreis, sagte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft. Die Polizei habe nach der Tat in Reichenbach beim Landratsamt eine Unterbringung angeregt. Die Ermittler selbst konnten dies demnach nicht veranlassen. «Strafrechtlich lagen die Voraussetzungen für eine Unterbringung nicht vor», sagte die Sprecherin.

Rechtsanwalt Nagel sagte, man wolle der Sache nach Abschluss des Verfahrens in Hof auf den Grund gehen. Man werde eingehend prüfen, ob man Strafanzeigen gegen die Personen stelle, die das Versagen gegebenenfalls zu verantworten hätten. «Zum Opferkreis könnte jeder von uns gehören», sagte er. «Wenn man es zulässt, dass uns solche Menschen auf der Straße begegnen, ist das natürlich sehr bedenklich.»

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