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Sammelabschiebung nach Tunesien: Terrorverdächtiger dabei

Sachsen hat erneut abgelehnte Asylbewerber aus Tunesien in einem Sammelcharter in ihr Heimatland abgeschoben. In der Maschine, die am Mittwochmittag in Leipzig startete, befanden sich auch zahlreiche Nordafrikaner aus Haftanstalten, darunter nach dpa-Informationen auch ein Terrorverdächtiger aus Berlin. Die Bundesanwaltschaft beschuldigt ihn der Mitgliedschaft in der Terrormiliz IS und bestätigte die Abschiebung des Verdächtigen. Das Ermittlungsverfahren laufe aber vorerst weiter.

Insgesamt seien 22 Tunesier abgeschoben worden, davon 15 aus Sachsen, teilte das Innenministerium in Dresden mit. Acht von ihnen hätten in sächsischen Gefängnissen gesessen. An der vom Freistaat organisierten Rückführung beteiligten sich demnach neben Berlin auch Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Hessen, auch hier seien unter den Abgeschobenen insgesamt fünf Haftfälle gewesen.

Wie die Deutsche Presse-Agentur erfuhr, handelt es sich bei dem Terrorverdächtigen um den 24 Jahre alten Tunesier Charfeddine T. Er saß in Berlin in Untersuchungshaft. Die Bundesanwaltschaft wirft ihm vor, «sich in Deutschland zur Durchführung eines derzeit nicht näher bekannten Auftrags für den IS aufgehalten zu haben».

Der Anwalt des Tunesiers kritisierte die Abschiebung scharf und warf den deutschen Behörden vor, nun von «anderen die Drecksarbeit machen zu lassen». «Da haben Leute kalte Füße bekommen, dass sich die Vorwürfe vor Gericht nicht halten lassen», sagte der Berliner Jurist Jonathan Burmeister. «Da bleibt dann eine Restangst und dann schiebt man lieber ab.»

In Sachsen leben nach Angaben des Innenministeriums derzeit 798 ausreisepflichtige Tunesier - das ist mehr als die Hälfte aller Tunesier in Deutschland, die das Land verlassen müssten. Im vergangenen Jahr waren aus Sachsen 86 abgeschoben worden, in diesem Jahr bereits 22.

Die Rückführungen in die Maghrebstaaten gestalteten sich nach wie vor schwierig, da Ausreisepflichtige häufig nicht angetroffen würden oder Passdokumente fehlten, hieß es in Dresden. Insbesondere bei Tunesien und Marokko gebe es aber «inzwischen Bemühungen zur besseren Zusammenarbeit», sagte Innenminister Markus Ulbig (CDU). «Die Identifizierung soll schneller, Passersatzpapiere sollen zügiger ausgestellt werden.»

Seit einem Besuch von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in der vergangenen Woche gilt mit Tunesien eine sogenannte 30+5-Regelung. Demnach haben tunesischen Behörden zugesagt, Anfragen zur Identitätsfeststellung binnen 30 Tagen zu beantworten und im Falle einer Staatszugehörigkeit des Abschiebekandidaten innerhalb von fünf Tagen Passdokumente auszustellen, die drei Monate gültig sind.

Dennoch sei die Zahl der Ausreisenden «noch immer zu gering», sagte Ulbig. Erneut forderte er die Einstufung der Maghrebländer als sichere Herkunftsstaaten. Am Freitag will sich der Bundesrat damit befassen. «Ich erwarte von den Grünen und Teilen der SPD, dass sie ihre Blockadehaltung endlich aufgeben», sagte der Innenminister. «Die Einstufung ist notwendig, um die Asylverfahren zu beschleunigen und den Migranten bereits vor ihrer Abreise deutlich zu machen: Ihr braucht euch keine Hoffnung auf Asyl in Deutschland zu machen.»

Inhalt: dpa - Deutsche Presse-Agentur GmbH

Bilder: dpa / Ralf Hirschberger