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Experten schauen sich sorbisches/wendisches Leben an

Eine blau-rot-weiße Sorbenfahne weht im Wind. Foto: Patrick Pleul/dpa-Zentralbild/dpa/Symbolbild
Eine blau-rot-weiße Sorbenfahne weht im Wind. Foto: Patrick Pleul/dpa-Zentralbild/dpa/Symbolbild

Wie lebt die Minderheit der Sorben/Wenden in Brandenburg und Sachsen? Eine internationale Expertengruppe will sich in der Lausitz ein Bild machen. Akteure vor Ort hoffen auf eine Stärkung ihrer Arbeit.

Wie funktioniert sorbisches/wendisches Leben im Alltag, wie wird die Sprache gefördert und wie die Kultur gepflegt? Darüber will sich an diesem Donnerstag im Auftrag des Europarates eine internationale Expertengruppe in der Lausitz informieren.

Der beratende Ausschuss für das Rahmenabkommen zum Schutz nationaler Minderheiten kommt im Zuge eines Monitoring-Besuchs in die Region. Hartmut Leipner, der Vize-Vorsitzende des sorbischen/wendischen Dachverbandes Domowina, sieht die Gäste auch als «Rückenwind» für das Großprojekt der Sprachrevitalisierung. Gespräche der Experten mit der Landesregierung und dem Bund folgen in den kommenden Tagen.

Die europäischen Gäste besuchen unter anderem die Kita Mato Rizo in Cottbus, die bilinguale Erziehung anbietet. Nach Angaben der Einrichtung hören und lernen Kinder in altersgemischten Gruppen die sorbische Sprache von den Erzieherinnen, aber auch die jüngeren von den älteren Kindern.

So können sie sich auch ohne Sorbisch-Vorkenntnisse die Sprache dem Alter entsprechend aneignen. Zudem werden sie mit den sorbischen/wendischen Bräuchen und Sitten und deren Bedeutung vertraut gemacht. Zu besonderen Anlässen ziehen die Kinder die niedersorbische Tracht an und wachsen so in eine natürliche Beziehung zu den Traditionen ihrer Region hinein.

Wenn das Sorbische verstärkt in der Öffentlichkeit präsent werde, trage das auch zur Tourismusentwicklung bei, etwa im Lausitzer Seenland oder in der Görlitzer Region - davon ist Marcel Braumann, der Sprecher des Dachverbandes Domowina, überzeugt. Es werde auch bei Untersuchungen zunehmend beobachtet, dass es für die Identität junger Menschen in der Region wichtig sei, das Sorbische zu pflegen. Aber viele verständen die Sprache nicht, sagte er der Deutschen Presse-Agentur.

Im Rahmen des Strukturwandels habe man sich auch deshalb zum Ziel gesetzt, dass bis 2050 jeder in der Lausitz Lebende im Groben sorbisch/wendisch versteht. «Wir wünschen uns auch, dass es insgesamt an den Schulen mehr Wissensvermittlung über das Sorbische/Wendische gibt, nicht nur in der Region, sondern allgemein», so Braumann.

Die Expertengruppe wird auch das sorbisch/wendische Heimatmuseum Dissen besuchen. Derzeit kämpft die Einrichtung um eine kontinuierliche Weiterfinanzierung, wie Kathrin Schwella, Vorsitzende des Rates für Angelegenheiten der Sorben/Wenden beim Landtag, berichtet. Das Amt Burg übernehme die Personalkosten nicht mehr, und die Gemeinde könne das auf Dauer nicht finanzieren.

Das auch überregional bekannte Museum versucht nun über beantragte Projekte, ein weiteres Finanzierungssystem auf die Beine zu stellen. «Es steht alles noch in den Sternen», sagte Schwella. Man müsse umdenken und Räume für solche Orte schaffen - da fehle der regionalen Politik noch der Weitblick.

Das Heimatmuseum nahe Cottbus hatte trotz der Corona-Pandemie im vergangenen Jahr über 8000 Besucher, ansonsten durchschnittlich bis zu 12.000 Besucher. Auch in diesem Jahr kamen schon 2000 Gäste. «Wir kämpfen weiter, es gibt viele Unterstützer, aber letztlich geht es um den harten Fakt Geld.» Und alles hänge von Förderkriterien ab.

Nach offiziellen Angaben gibt es etwa 60.000 Sorben und Wenden, von denen zwei Drittel in Sachsen leben. Das Siedlungsgebiet der Sorben liegt in Ostsachsen, die niedersorbisch sprechenden Wenden sind im Süden Brandenburgs beheimatet.

Quelle: dpa - Deutsche Presse-Agentur GmbH