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Verbraucherschützer streiten um Zinsnachzahlungen für Sparer

Die Einträge «Zins» und «Bar» sind in einem Sparbuch zu sehen. Foto: Daniel Karmann/dpa
Die Einträge «Zins» und «Bar» sind in einem Sparbuch zu sehen. Foto: Daniel Karmann/dpa

Viele alte Prämiensparverträge enthielten eine unzulässige Klausel. Vor allem Sparkassen-Kunden könnten deshalb Tausende Euro an Zinsen entgangen sein. Geld bekommen haben bisher die wenigsten. Jetzt hoffen die Verbraucherzentralen auf klare Vorgaben aus Karlsruhe.

Tausenden Sparerinnen und Sparern mit alten Prämiensparverträgen würden eigentlich Zinsnachzahlungen zustehen - aber die Geldhäuser lassen sich damit Zeit. Um Druck zu machen, haben die Verbraucherzentralen Musterfeststellungsklagen gegen mehrere Sparkassen gestartet. Die erste davon wird am Mittwoch (11.00 Uhr) am Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe verhandelt. Ob im Anschluss gleich das Urteil verkündet wird, ist offen. (Az. XI ZR 234/20)

Hintergrund ist, dass sehr viele der in den 1990er und 2000er Jahren abgeschlossenen Prämiensparverträge unzulässige Klauseln enthielten. Betroffen sind auch Volks- und Raiffeisenbanken, aber in erster Linie ist das ein Problem der Sparkassen. Die Klauseln berechtigten die Kreditinstitute, einseitig weitgehend frei den Zinssatz anzupassen. Zumindest bei langjährigen Verträgen sei so etwas für die Kundinnen und Kunden unzumutbar, entschied der BGH schon 2004.

Wer eine unzulässige Klausel in seinem Vertrag hat, hat nicht automatisch zu wenig Zinsen bekommen. In vielen Fällen ist das aber so. Trotzdem haben viele Betroffene bis heute keine Nachzahlung oder eine zu geringe Summe bekommen. Verbraucherschützer werfen den Sparkassen vor, auf Zeit zu spielen. Denn viele Verträge sind inzwischen ausgelaufen oder wurden gekündigt. Damit drohen die Ansprüche der Kundinnen und Kunden zu verjähren.

Die klagende Verbraucherzentrale Sachsen hofft nun darauf, dass der BGH diesmal genaue Vorgaben macht, wie der Zins zu berechnen ist. Daraus ergäbe sich die Höhe der noch offenen Forderungen. «Wir wollen, dass jeder betroffene Verbraucher auf den Cent genau seine ihm zustehenden Zinsen bekommt», sagt Justiziar Michael Hummel.

Allein zu der Musterklage gegen die Stadt- und Kreissparkasse Leipzig, die jetzt verhandelt wird, haben sich mehr als 1300 Betroffene angemeldet. Nach den Berechnungen der Verbraucherschützer hat ihnen die Sparkasse im Durchschnitt 3100 Euro zu wenig gezahlt.

In den Streit um die Zinsanpassungsklauseln hat sich inzwischen auch die Finanzaufsicht Bafin eingeschaltet. Sie wirft den Kreditinstituten vor, die Altverträge nach 2004 stillschweigend selbst geändert und dabei BGH-Vorgaben missachtet zu haben. Die Zinsen seien auch nicht rückwirkend nachberechnet worden.

Die Deutsche Kreditwirtschaft (DK), die die Interessen aller fünf Spitzenverbände und damit auch der Sparkassen vertritt, teilte auf Anfrage mit: «Der BGH hat die Möglichkeit, Klarheit für die betroffenen Kunden der Sparkasse Leipzig und ggf. auch für die Kreditwirtschaft allgemein bringen zu können - das begrüßen wir.»

Ankündigung des BGH

Urteil des OLG Dresden vom 22. April 2020

Verbraucherzentrale über das OLG-Urteil

Verbraucherzentrale über die Musterklagen und das BGH-Verfahren

Leipziger Sparkasse zum OLG-Urteil

Verbraucherzentralen über unwirksame Klauseln bundesweit

Infos der Bafin zu Zinsanpassungsklauseln

BGH-Urteil von 2004 zu unzulässiger Klausel

BGH-Urteil von April 2010 zur Zinsberechnung

BGH-Urteil von Dezember 2010 zur Zinsberechnung

Bafin zur Allgemeinverfügung

Bafin zu anhängigen Rechtsbehelfen

Position des DSGV im Streit mit der Bafin

Sparkassen-Präsident zum Thema, S. 11-12

Quelle: dpa - Deutsche Presse-Agentur GmbH