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Schleuser-Verfahren: Amtsgericht Pirna an Belastungsgrenze

Das Amtsgericht in Pirna. / Foto: Marko Förster/dpa/Archivbild
Das Amtsgericht in Pirna. / Foto: Marko Förster/dpa/Archivbild

Im letzten Jahr häuften sich mit den illegalen Einreisen nach Deutschland auch die Zahl der gestoppten Schleusungen. Die deutsch-tschechische Grenze ist ein Hotspot - und Sachsens Justiz gefordert.

Der enorme Zuwachs an illegalen Einreisen im vergangenen Jahr hat das Amtsgericht Pirna an die Belastungsgrenze gebracht. Bis Mai 2023 seien im Schnitt monatlich vier bis zehn Verfahren gegen mutmaßliche Schleuser eingegangen, etwa ein bis zwei würden in Untersuchungshaft genommen, teilte das Gericht am Mittwoch mit. Von Juni bis Oktober 2023 seien die Fallzahlen massiv angestiegen, Ermittlungsrichter hätten zudem gegen rund 170 Schleuser Untersuchungshaft angeordnet.

Nach Angaben des Gerichts hat auch die Zahl der Geschleusten pro Fahrzeug deutlich zugenommen, über zehn Personen pro Van, SUV oder auf der Ladefläche eines Kleintransporters seien zur Regel geworden, schilderte die Behörde. Als Schleuser agierten immer mehr Ukrainer und Syrer. Die meisten der Festgenommenen würden beim Amtsgericht Pirna als dem zuständigen Haftgericht auch angeklagt, bis Anfang November gingen fast 60 Anklagen ein. Etwa 50 bis 60 Prozent der von Juni bis Oktober 2023 Festgenommenen seien im Zuge eines Prozesses verurteilt worden, fast ausschließlich zu Freiheitsstrafen.

Für die «normale Kriminalität» bleibe kaum noch Zeit. Was die Beschäftigten aller Laufbahnen leisteten, «ist unglaublich», sagte Amtsgerichtsdirektor Alexander Klerch. Er sorgt sich darum, wie lange sie diesen Druck noch durchhalten. «Die Nerven liegen blank, die Erschöpfung ist deutlich zu spüren.» Und bis Ende April sind laut Mitteilung weitere 40 Schleuser-Verfahren terminiert. Monatlich kämen bis zu 20 weitere Haftsachen gegen Schleuser hinzu. «Die Strafabteilung hat ihre Belastungsgrenze erreicht, wenn nicht überschritten.» Krankheitsfälle nähmen zu und die Sechsmonatsfrist zwischen Inhaftierung und Prozess könne nicht mehr durchgängig gewahrt werden.

Es gebe kaum noch freie Verhandlungstermine, ebenso fehlten Säle - zuweilen wird schon in der Bibliothek verhandelt - und öffentlich bestellte Dolmetscher. Auch Rechtspflege und Wachdienst könnten der Arbeitsanfall fast nicht mehr bewältigen. Und bis Jahresmitte gehen drei Richter. Ohne Nachbesetzung ihrer Stellen «ist eine zeitnahe Bearbeitung der Fälle nicht mehr gewährleistet» - und auch Geschäftsstellen und Rechtspflege benötigten dringend Unterstützung - «deutlich über das bisher gewährte Maß».

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