Gut fünf Wochen nach Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine kommen in Sachsen weniger Geflüchtete aus dem Kriegsgebiet an. Der tägliche Zustrom aus der Ukraine habe insgesamt etwas nachgelassen, sagte Sachsens Innenminister Roland Wöller (CDU) am Dienstag nach einer Sitzung des Kabinetts. Bei den Belegungszahlen in den Erstaufnahmeeinrichtungen des Freistaats spiegele sich auch wieder, dass die Sonderzüge aus Görlitz ausgesetzt seien. «Wir haben einen Rückgang und damit eine Entlastung sowohl in der Grenzstadt Görlitz als auch allgemein in Sachsen.» Der Rückgang zeige, dass Cottbus als drittes vom Bund eingerichtetes Drehkreuz bei der Verteilung der Geflüchteten funktioniere.
Mit Stand Dienstagmorgen waren in den Erstaufnahmeeinrichtungen des Landes 3648 Menschen aus der Ukraine untergebracht - in der vergangenen Woche waren es noch bis zu 4300. «Ganz überwiegend kommen Frauen und Kinder zu uns», sagte Wöller. Aktuell seien etwa 3400 Plätze in den Erstaufnahmeeinrichtungen frei.
Abhängig vom Kriegsverlauf könnten die Zahlen der Ankommenden aus der Ukraine wieder steigen, sagte Wöller. «Wir müssen uns darauf einstellen bei weiterem Kriegsverlauf, dass sich die Zivilbevölkerung weiter auf die Flucht begeben muss.»
Wie viele Ukrainerinnen und Ukrainer sich zurzeit im Freistaat aufhalten, ist unklar. Sie können auch privat unterkommen und müssen sich 90 Tage lang nicht registrieren. Die Hochrechnungen gingen davon aus, dass etwa 25.000 Vertriebene in Sachsen seien, sagte die Präsidentin der Landesdirektion Sachsen, Regina Kraushaar. Bis Freitag habe Sachsen 1270 Ukrainer auf die Landkreise und kreisfreien Städte verteilt. 372 Vertriebene seien von anderen Bundesländer, insbesondere Thüringen, aufgenommen worden. Auch ans Saarland und nach Baden-Württemberg seien Geflüchtete «abverteilt» worden.
Für diese Woche ist Kraushaar zufolge geplant, dass 100 Ukrainerinnen und Ukrainer nach Thüringen gebracht werden. Weitere 465 sollen auf die sächsischen Kommunen verteilt werden. Das sei jedoch nicht immer einfach, weil nicht alle Vertriebenen in die Landkreise wollten, sagte Kraushaar. Offensichtlich fürchteten viele, dass die Bedingungen dort ähnlich wie auf dem ukrainischen Land schlechter als in den Städten seien. «Insofern werden wir jetzt aufklären, dass es in Sachsen auch in den Landkreisen gute Bedingungen für die Betreuung, für die Versorgung und das Leben schlechthin gibt.»
Generell erfolge die Verteilung in Zusammenarbeit mit den Kommunen, betonte Kraushaar. Wenn Landkreise wie Görlitz oder auch die Großstädte signalisierten, dass sie zurzeit niemanden aufnehmen könnten, werde das berücksichtigt.
Zum Ziel der Landesregierung, die Ukrainer möglichst in Wohnungen und nicht in Sammelunterkünften unterzubringen, sagte Kraushaar, das Problem sei nicht der fehlende Wohnraum. «Der kommunale Wohnungsbestand ist da. Er ist aber nicht saniert», sagte sie. Ziel sei es jetzt, möglichst viele leerstehende Wohnungen herzurichten. Wöller zufolge ist die Landesregierung dazu etwa in Gesprächen mit Wohnungsgenossenschaften und will erreichen, dass für die Wohnungen möglichst keine Kaution fällig wird.
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