116 Studierende der Technischen Universität Dresden (TUD) sind an 15 Schulen im ländlichen Raum in Sachsen ins semesterbegleitende Schulpraktikum gestartet. Sie begleiten im Schuljahr 2025/26 im vierköpfigen Team jede Woche ihre 5. Klasse an einer Oberschule. An zehn Einsatztagen absolvieren die zukünftigen Lehrkräfte ihr Pflichtpraktikum. An den weiteren Tagen bis zum Schuljahresende sammeln sie praktische Erfahrungen auf dem Weg zum Abschluss. Dieser Einsatz wird vergütet.
Gestartet war das Alternative Lehramtspraktikum an ausgewählten Schulen in Ostsachsen (ALSO) an vier Standorten im Landkreis Görlitz. Nun nehmen weitere Kommunen in den Kreisen Bautzen, Sächsische Schweiz / Osterzgebirge und im Erzgebirgskreis teil. Koordiniert und begleitet wird der Studierendeneinsatz von Anke Langner, Professorin für Erziehungswissenschaft mit Schwerpunkt Inklusive Bildung an der TU Dresden, und ihren Mitarbeiterinnen. Sie leiten die zukünftigen Lehrkräfte auch in der wissenschaftlichen Arbeit über die Praxiserfahrung an. Ziel ist es, in der Professionsentwicklung die erziehungswissenschaftliche Theorie vor einem praktischen Erfahrungshintergrund zu vertiefen.
Gestärkte Motivation für Studium und Lehrberuf
„Die Studierenden gehen gestärkt aus dieser gedehnten Praktikumsphase heraus“, das habe, Anke Langner zufolge, die Evaluation der Pilotphase im Schuljahr 2024/25 ergeben. Grund dafür sei die begleitende Reflexion des eigenen pädagogischen Handelns. Was die Projektleiterin besonders freut: „Einige, die zuvor an ihrem Berufswunsch Lehrer:in zweifelten, sogar einen Fachwechsel ins Auge fassten, konnten sich im Klassenraum bestätigen: ‚Ich kann und will sehr gern mit Kindern arbeiten.‘ Sie setzen ihr Studium mit einer ganz neuen Motivation fort.“ Auch die Verdreifachung der Anzahl an teilnehmenden Schulen und Studierenden sei ein gutes Zeichen. Das Programm biete Chancen für Schulen, die von hohem Stundenausfall betroffen sind.
„Meine Erwartungen wurden übertroffen!“, fasst Lolita Pechanska ihre Erfahrung als sogenannte „Freitagslehrerin“ an der Pestalozzi-Oberschule in Neusalza-Spremberg zusammen. Sie war überrascht “wie viel Freude es tatsächlich macht, mit Kindern zu arbeiten! Ich hätte nie gedacht, dass Unterricht so lebendig, spontan und herzlich sein kann“. Auch ab diesem Herbst ist sie im Klassenteam an einer Schule tätig, denn die Erfahrungen „waren so bereichernd, dass ich unbedingt weitermachen möchte, mit noch mehr Sicherheit, Gelassenheit und Freude an der Arbeit mit Kindern“. Ihren Kommiliton:innen rät sie zu dieser Möglichkeit „in einem sehr unterstützenden Umfeld zu lernen und zu wachsen“. Das Praktikum gäbe Raum für eigene Ideen, für Austausch im Team und für ehrliche Reflexion. Für sie sei es eine wertvolle Erfahrung, die „mir hilft, meinen eigenen Weg in der Pädagogik zu finden“.
Mehr Schulen und mehr Praktikumstage zur Auswahl
Die teilnehmenden Oberschulen in Zittau, Neusalza-Spremberg, Löbau und Görlitz konnten im vergangenen Jahr bereits Erfahrungen mit den Freitagslehrern sammeln und mit ihrer Unterstützung auch den Unterrichtsausfall abmindern. Im Schuljahr 2025/26 kommen Schulen in Breitenbrunn, Dippoldiswalde, Ebersbach-Neugersdorf, Freital, Hoyerswerda, Kodersdorf, Krauschwitz, Malschwitz, Seifhennersdorf und Weißwasser hinzu.
Im Schuljahr 2025/26 sind auch der Mittwoch und der Donnerstag Praktikumstage. Sie ergänzen den Freitag, der weiterhin als Einsatztag erhalten bleibt. Für die Studierenden bedeutet die Auswahlmöglichkeit aus mehr Kommunen, Schulen und Wochentagen mehr Flexibilität und sie können das Praktikum so leichter in ihren Studienalltag integrieren.
Theorie und Praxis verbinden – intensive Begleitung an der TU Dresden
Ziel des gedehnten Praktikums ist es, die Studierenden besser auf die Anforderungen des Lehrerberufs vorzubereiten. Sie erhalten über fast ein gesamtes Schuljahr hinweg vertiefte Einblicke in die schulische Praxis und sammeln wertvolle Erfahrungen. Für eine frühe und intensive Theorie-Praxis-Verzahnung im Lehramtsstudium kann die Theorie aus den Vorlesungen an der Hochschule bei der Arbeit mit Schülerinnen und Schülern erprobt werden. Die Erlebnisse im Klassenraum werden regelmäßig in Begleitseminaren und Auswertungen gemeinsam mit den Kommiliton:innen reflektiert. Auch die Seniormentor:innen (ehemalige Lehrkräfte vor Ort in den Schulen) sind wertvolle Ansprechpartner.
Die Lehramtsstudent:innen erteilen im Rahmen des Praktikums keinen klassischen Fachunterricht, sondern gestalten im Viererteam einen gemeinsamen Lerntag, der vor allem dem „Lernen lernen“ gewidmet ist. In der Rolle von Lernbegleiter:innen unterstützen sie die Schüler:innen bei der Wiederholung und Festigung von Kompetenzen im mathematischen und sprachlichen Bereich. In diesem Rahmen erhalten die zukünftigen Lehrkräfte die Gelegenheit, sich neben fachlichen Inhalten auf die Lehrer-Schüler-Beziehung zu fokussieren. Bei der Planung und Umsetzung kommen auch demokratische Beteiligungsprozesse zum Tragen.
Das semesterbegleitende Lehramtspraktikum wurde an der Universitätsschule Dresden entwickelt. Auch die Lehr-Lernformate, die an den teilnehmenden Schulen zum Einsatz kommen, werden bereits an der Universitätsschule Dresden erprobt und erforscht – im gemeinsamen Schulversuch von TU Dresden und Stadt Dresden zur Schule der Zukunft.
Zahlreiche Unterstützer ermöglichen innovative Wege mit ALSO
Ermöglicht wird die Fortsetzung des Projekts durch Steuermittel auf der Grundlage des vom Sächsischen Landtag beschlossenen Haushaltes (SMK und SMWK). In einer Veröffentlichung des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus (SMK) unterstreicht Kultusminister Conrad Clemens die Chancen für Sachsen: “Schulen sind nicht nur für Kinder und Jugendliche Lernorte, sondern auch für angehende Lehrkräfte. Mit ALSO stärken wir die Verbindung zwischen Theorie und Praxis und bringen frische Perspektiven in den Unterrichtsalltag. Davon profitieren alle Beteiligten: die Studentinnen und Studenten, die Lehrkräfte an den Schulen und vor allem die Schülerinnen und Schüler in Ostsachsen.“ Wissenschaftsminister Sebastian Gemkow ergänzt: „In enger Abstimmung mit den Universitäten gehen wir neue innovative Wege, die Studierenden schon während des Studiums näher an die Praxis des späteren Schulalltags heranzuführen.“ Die Administration der Verträge übernimmt das Landesamt für Schule und Bildung (Lasub).
Die Pilotphase wurde zusätzlich zu öffentlichen Geldern durch verschiedene lokale Partnerorganisationen in Ostsachsen und das Engagement der TÜV SÜD Stiftung abgesichert. Einen wichtigen Beitrag zur Umsetzung leistet auch TUDIAS mit der Administration der Verträge und Auszahlung an die Studierenden. Die Kommunen vor Ort unterstützen bei der Unterbringung der Studierenden und ermöglichen so eine gemeinsame Vorbereitung im Klassenteam am Vorabend für einen frischen Start in den Lerntag mit den Schüler:innen.
Alle Projekt-Informationen finden Sie auf den Seiten der Professur für Inklusive Bildung an der TU Dresden.