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Es grünt so grün

Vom Unfallschwerpunkt zum Biotop
Nachhaltig geplant und gebaut, obwohl es niemals so genannt wurde

Wer von Dresden kommend über die A4 in Richtung Chemnitz nicht wie die wilde Sau unterwegs ist, nimmt im Augenwinkel das gleichnamige Hinweisschild wahr.

Dort beginnt, von oben betrachtet, das Tanneberger Loch. Bis 1999 Unfallschwerpunkt Nummer 1, heute Landschaftsschutzgebiet. 

Und wo bitte ging es hier zur Autobahn? 

17 Jahre später braucht der Ortsunkundige zwei bis sieben Hinweise auf die einstige Trasse. Alles richtiggemacht. Das Kompliment geht an die Straßenbauer, Ingenieure, Landschaftsgestalter, Revierförster und an Mutter Natur.

Durch das heutige Landschaftsschutzgebiet der Triebischtäler führten fünf Kilometer Autobahn. Die Hügel links und rechts der Trasse hielten Tag für Tag Abgase von40.000 Fahrzeugen gefangen. Verkehrstechnischen Hochrechnungen zufolge wären es heute etwa doppelt so viele. Auch bei Nebel und Hagelschlag waren auf diesem Stück Autobahn A4 sechs Prozent Gefälle zu meistern, 65 lange Autobahnjahrelang. Mit dem neuen Jahrtausend brach auch hier eine neue Zeit an. 

Der Fahrbahnbeton war rund einen halben Meter tief. Darunter tummelten sich vier Bächlein. Eins davon heißt die Wilde Sau. Viele Anwohner berichten, dass sie bei Hochwasser ihrem Namen alle Ehre macht. Außerdem plätschern noch die Triebisch, der Tännichtbach und ein Schmiedewalder Bächlein seit dem Umbau wieder an der Erdoberfläche. 

Über elf Brücken wirst Du fahren

Rund die Hälfte der Neubaukosten für eine weniger steile, geräumigere und sichere A4 ist in Brücken geflossen. Drei deutlich sichtbare und acht kleinere Über- und Unterführungen mussten errichtet werden. Die A4 hat an dieser Stelle jetzt nur noch knapp zwei Prozent Steigung und der stetig steigende Fahrzeugverkehr verteilt sich auf sechs Spuren, die zu Spitzenzeiten auch schon kaum noch genügen. Gebaut wurde 1996 bis 1999. Der alten A4 durch das Tanneberger Loch war eigentlich die Aufgabe der Umgehungsstraße für die Gemeinden zugedacht. Aber denkst´e. Dank Buschwindröschen und Lerchensporn kam alles anders. 

Schon drei Jahre nach dem Betonstück-für-Betonstück-Zurückgeben an die Natur bedankt sie sich mit Eidechsen am Ufer und Äpfel und Pflaumen in den Kronen frischgepflanzter Obstbäume. Rund 2,5 Millionen Euro hat gekostet, was der Fachmann Geländemodellierung nennt. Gemeint ist das behutsame Angleichen ehemaliger Strecken und Straßen an die ortsübliche Gegend. Dazu kommen sogenannte Ausgleichsmaßnahmen. Damit sind junge Wälder, Obstbäume und Laubbäume gemeint. Eichen, Eschen, Erlen und Ulmen fühlen sich hier am Wohlsten.  Für Bernhard Hildebrand ist es genau das richtige Maß. Er kennt die Gegend besser als seine Westentasche. Von 1979 bis 2005 war er der zuständige Revierförster. Mehr als ein Vierteljahrhundert hat Bernhard Hildebrand ganz genau aufgepasst, wo sich Fuchs und Hase Gute Nachtsagen. Und das tun sie heute immer noch zuverlässig am bekannten Ort. "Manchmal", so sagt der heute pensionierte Fachmann, "machen die Menschen auch zu viel Wind. Wenn ein Baum gefällt wird, in dem die Vögel mehrfachnisteten, suchen die sich auch wieder einen anderen. Die kommen schon zurecht. Nur Schwarzstörche, die hätten es nicht so einfach. Doch da haben zurzeit des Bauens keine genistet."

 

Im Kreislauf der Natur

Kommt das Hochwasser, macht es auch im Tanneberger Loch nicht halt. Die sonst romantische, friedliche Triebisch hat die gesamte Umgebung überschwemmt. 2002sah man nur noch die markante Brücke über dem Triebisch-Delta. Doch da die Rekultivierung mit Aufschütten, Glattwalzen und Verteilen von Erdreich, Gestein und Pflanzen natürlich und der Gegend angemessen bemessen wurde, gedeihen unternormalen Witterungsbedingungen auch ganz normale Pflanzen, wie sie an den Wegesrand oder den Uferstreifen gehören. Wenn Buschwindröschen und Lerchenspornsprießen, zeugt das in der Gärtners Sprache von nicht sauren, fruchtbaren, humosen und durchlässigen Böden. Und wo Lerchensporn gedeiht, sind Schnecken nicht weit und Singvögel schauen ganz genau, wo das Buffet eröffnet ist.

Triebischs Mühlen mahlen fleißig

Die Triebisch entspringt im Tharandter Wald und mündet 37 Kilometer später in die Elbe. Ähnlich lang mäandert die Elbe durch Dresden. Auf ihrem Weg durch die sächsische Landschaft kommt die Triebisch auch in Meißen vorbei und überwindet einen Höhenunterschied von etwa 320 Metern. Das genügte, um einst rund 50Mühlen Auftrieb zu geben. Zwei von ihnen mahlen heute noch. Der Mühlentag am Pfingstmontag lädt Jahr für Jahr viele Besucher auch in die Mühlen des Triebischtals ein. 

Doch das ist schon wieder ein neues Thema aus dem Sachsenland.