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Polizei schickt Straftätern «Super-Recogniser» auf die Spur

Ein LED-Leuchtkasten hängt an einem Polizeirevier. / Foto: Jan Woitas/dpa-Zentralbild/dpa/Symbolbild
Ein LED-Leuchtkasten hängt an einem Polizeirevier. / Foto: Jan Woitas/dpa-Zentralbild/dpa/Symbolbild

Ein kurzes Video, aufgenommen bei Ausschreitungen nach einem Fußballspiel von Dynamo Dresden im Mai 2021, zeigt 42 meist vermummte Randalierer. Sie zu identifizieren, ist für Ermittler eine Sisyphusarbeit. «Irgendwann kamen wir nicht mehr weiter», sagte der Leiter der Soko «Hauptallee», Enrico Lange, am Donnerstag und verweist auf mehr als 80 Stunden Videomaterial zu den Ausschreitungen allein aus Polizeikameras. Die Ermittler haben deswegen Spezialisten für Gesichtserkennung in die Spur geschickt. «Super-Recogniser» werden sie genannt, seit Jahresbeginn gibt es dazu ein Pilotprojekt bei der Polizeidirektion Chemnitz. Mit Hilfe dieser Experten ist es laut Lange gelungen, 33 der 42 Personen aus dem Video zu identifizieren.

In England setzt Scotland Yard seit Jahren auf «Super-Recogniser». Bei den Ermittlungen zur Vielzahl sexueller Übergriffe auf Frauen in der Silvesternacht 2015 in Köln hätten die Spezialisten aus England die deutschen Ermittler unterstützt, erklärte die Leiterin der Chemnitzer Kriminalpolizeiinspektion, Mandy Kürschner. Seither werde das Thema auch in Deutschland verfolgt. Entsprechende Projekte habe es seither etwa in Bayern, Hessen und Berlin gegeben. Inzwischen hat Sachsen nachgezogen und dazu das Projekt in Chemnitz angesiedelt.

«Super-Recogniser» sind Menschen, die sich Gesichter überdurchschnittlich stark einprägen können und sie wiedererkennen, auch wenn seither etliche Zeit vergangen ist oder sich die Person äußerlich verändert hat. Den Angaben zufolge haben sich für das Projekt mehr als 800 Polizisten freiwillig einem mehrstufigen Test der Universität Greenwich unterzogen. Am Ende wurden bei 23 von ihnen diese besonderen Fähigkeiten nachgewiesen. Seit Jahresbeginn wird dies nun in Sachsen zur Aufklärung von Straftaten eingesetzt. Dazu arbeiten zwei Polizisten im Hauptamt als Wiedererkenner, weitere 18 werden bei Bedarf herangezogen. Dabei unterstützen sie von Chemnitz aus auch Ermittlungen andernorts in Sachsen.

Zum Zug kommen sie etwa bei der Auswertung von Videoaufzeichnungen oder bei der Suche nach Tatverdächtigen, die in polizeilichen Systemen nicht mit Bild erfasst sind. Eine Polizistin, die als Wiedererkennerin arbeitet und mit Blick auf kommende Einsätze anonym bleibt, berichtet etwa von einem Ladendiebstahl in Chemnitz, bei dem aus Bildern mehrerer Überwachungskameras ein zuvor nicht bekannter und vermummter Täter ausfindig gemacht werden konnte.

«Wir sind begeistert von diesen Fähigkeiten», schwärmte Kürschner. Mit Hilfe der Spezialisten sei es in vielen Fällen schneller und effektiver möglich, Straftäter zu identifizieren. Zudem könnten sie helfen, unbekannte Zeugen oder Opfer von Straftaten ausfindig zu machen. Es habe auch Einsätze gegeben, bei denen die Wiedererkenner direkt vor Ort waren, um bisher nicht identifizierte Straftäter aufzuspüren, erläuterte Soko-Leiter Lange. Als Beispiel nannte er Heimspiele des Fußballclubs Dynamo Dresden. Er wünsche sich, dass das Projekt ausgeweitet werde und solch eine Gruppe auch regulär an seiner Polizeidirektion in Dresden eingerichtet würde, sagte er.

Das Projekt läuft den Angaben zufolge vorerst bis Jahresende. Wie es danach weiter gehe, darüber müsse das Innenministerium entscheiden, hieß es.

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