Der scheidende Präsident des Landesamtes für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (LfULG), Norbert Eichkorn, sieht im Zusammenhang mit dem Klimawandel eine ganze Reihe von Baustellen nicht nur in Sachsen. Auf Veränderungen wurde, wie beim Thema Hochwasser, immer erst aus Notlagen heraus reagiert, «obwohl das vorbeugend möglich gewesen wäre, in ganz Deutschland», beklagte er im Rückblick vor seiner Verabschiedung in den Ruhestand am Mittwoch in Dresden. Die schon seit 2000 vorliegenden Daten und Fakten seien lange ignoriert worden.
Die im 2008 neugegründeten LfULG für alle Felder definierten Umweltszenarien sind laut dessen erstem Chef nun hochaktuell, auch weil Vertragsverletzungsverfahren der EU in Deutschland Druck machten. «Wir sind jetzt gezwungen, in die Umsetzung zu kommen.» Dazu bedürfe es mehr Personal, aber auch das nötige Geld. «Wir müssen nachhaltiger denken und auch entsprechend an grundlegenden Schrauben drehen, nicht nur in Deutschland, sondern auch supranational», sagte der 65-Jährige. «Jeder Fördermitteleinsatz muss Effizienzkriterien erfüllen.»
Das erfordert ein Umdenken bei verschiedenen Themen von der Häuserdämmung bis zur Landwirtschaft. Im Zuge der Energiewende würden bereits falsch ausgerichtete Produktionsverfahren hinterfragt und Verbrennen von Kohle, Öl und Gas vermieden, sagte Eichkorn. «Wir können es noch.» Auch in die Produktion gesunder Ernährung und Tierwohl müsse investiert werden, obwohl die Verlässlichkeit des Verbrauchers, die Preise zur Refinanzierung zu zahlen, fraglich und die Zeiten absehbar unsicher seien.
«Es braucht bei der Landwirtschaft ein Gesamtkonzept für Deutschland, eigentlich für Europa, auch in Ausrichtung zur internationalen Landwirtschaft», sagte der Agraringenieur. Sie sollte zuerst die Eigenversorgung sichern. Anderen Ländern etwa in Afrika müsse die gleiche Chance dazu gegeben werden, sich unabhängig von den Exporten aus Europa zu machen. «Ich bin überzeugt davon, dass so ein Lösungsansatz eigentlich auch die Basis dafür wäre, dass nicht mehr so viele ihre Füße Richtung Europa bewegen.»
Und Mikroplastik wird laut Eichkorn auch hierzulande in den Fokus rücken. Das gebe es nicht nur in Weltmeeren, sondern absehbar auch «hier auf dem Acker, wir messen es schon im Wasser, im Boden». Im Sinne der Kreislaufwirtschaft plädierte er auch dafür, die Sekundärrohstoffnutzung zu stärken. Sachsen habe Lithiumlagerstätten, Erze und Spate würden abgebaut und die Geothermie könne gepusht werden, nicht nur oberflächlich. «Wir haben mit viel Granit beste Voraussetzungen.» Bisher gebe es 18.000 solcher Anlagen meist für private Haushalte, das Potenzial aber sei viel größer. «Im Vogtland gibt es schon Ideen, um mitteltief Energie aus dem Boden zu gewinnen, von Sachsen für Sachsen.»
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