Opfer sexueller Gewalt in der katholischen Kirche fordern eine stärkere Beteiligung des Staates bei der Aufarbeitung solcher Fälle. Vertreter von Initiativen brachten am Rande der Deutschen Bischofskonferenz am Dienstag in Dresden dafür «Wahrheitskommissionen» und eine Beteiligung der Länderparlamente ins Spiel. «Es ist eine staatliche Verantwortung und die muss wahrgenommen werden», sagte Matthias Katsch von der Initiative «Eckiger Tisch».
«Die katholische Kirche kann sich nicht selbst aufarbeiten. Der Staat ist in der Pflicht», brachte es Katsch auf den Punkt. Die Kirche habe seit 2018 mehrfach ihre Bereitschaft erklärt, mit dem Staat in dieser Frage zusammenzuarbeiten. Aber auch der Staat und die Parlamente müssten bereit dazu sein. Notwendig sei eine «neutrale Instanz». Hintergrund der Äußerungen ist die Auffassung, Fälle sexuellen Missbrauchs - strafrechtlich oft schon verjährt - seien in erster Linie eine innerkirchliche Angelegenheit.
Zugleich wurde der Kirche mangelnder Aufklärungswillen vorgeworfen. «Es braucht den Druck von außen, sonst bewegt sich wenig», so Katsch. Es sei auch eine Überforderung zu erwarten, dass die Verantwortlichen ihr eigenes Fehlverhalten oder das ihrer Mitbrüder aufklären sollen. «Die Kirche selber hat aus meiner Sicht definitiv nicht erkannt, wie wichtig dieses Thema ist - obwohl ihr die Mitglieder in Scharen davonlaufen», betonte Gregor Mennicken von der Initiativgruppe «Aufarbeitung von unten». Die Aufarbeitung seitens der Kirche gehe viel zu langsam und genieße dort keine Priorität.
Auf einer Pressekonferenz im Landtag äußerte sich auch ein Betroffener zu seiner Motivation, an die Öffentlichkeit zu gehen. Er habe 50 Jahre lang über seinen Missbrauch geschwiegen, selbst seine Frau habe nichts davon gewusst. Nun wolle er aber unter dem Motto «Auftreten statt Austreten» handeln und als Mitglied der Kirche aufrütteln. Die Kirche müsse Reue und Buße zeigen. «Die Kirche muss auf die Betroffenen zugehen und nicht umgekehrt.»
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