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Protestcamp der Naturschützer geräumt: Keine Verletzten

Ein Blaulicht leuchtet auf dem Dach eines Streifenwagens der Polizei. / Foto: Lino Mirgeler/dpa/Symbolbild
Ein Blaulicht leuchtet auf dem Dach eines Streifenwagens der Polizei. / Foto: Lino Mirgeler/dpa/Symbolbild

Das Protestcamp von Klimaaktivisten im Heidebogen ist Geschichte. Am Donnerstagnachmittag wurde die letzte Bewohnerin des «Heibo»-Camps von Beamten aus luftiger Höhe nach unten gebracht. Die Frau hatte sich in einer Dixi-Toilette verschanzt, die zwischen zwei Bäumen auf einer Palette schwebte. Wie die Polizei mitteilte, wurde bei der gesamten Räumungsaktion niemand verletzt. Insgesamt seien am Mittwoch und Donnerstag 54 Menschen aus diversen Behausungen weggebracht worden, hieß es. Das Sächsische Oberverwaltungsgericht sah keine rechtlichen Bedenken gegen die Räumung und wies am Donnerstag eine Beschwerde dagegen ab.

Der Protest der Aktivisten richtete sich gegen den Kiesabbau in der Region. Umweltschützer befürchten eine Austrocknung nahe gelegener Moore, die vor allem zur Speicherung von Wasser und Kohlendioxid dringend gebraucht werden. Das Kiesunternehmen KBO besitzt für den Abbau eine Genehmigung und plant mit weiteren Flächen. Der Widerstand der Klimaaktivisten richtete sich deshalb auch gegen eine Ausweitung des Kiesabbaus für die Fläche Würschnitz-West, für die derzeit noch das Planfeststellungsverfahren läuft.

Auch am Donnerstag folgten mehrere Aktivisten der Aufforderung der Polizei zum Verlassen der Baumhäuser freiwillig. Andere wurden von Beamten auf Hebebühnen gezogen und nach unten gebracht. Eine junge Frau hatte sich in der Spitze eines Baumes in etwa 30 Meter Höhe angeseilt. Sie konnte mit herkömmlicher Technik zunächst nicht geborgen werden und kletterte den Höhenrettern am Ende entgegen. Die Frau, die stundenlang auf einem Brett gesessen hatte, wirkte erschöpft und musste von Beamten gestützt werden.

Bereits bis Mittag hatten die Einsatzkräfte sechs Baumhäuser geräumt und danach zerstört. In einer der Behausungen fanden sie auch einen 12-jährigen Jungen. Drei Aktivisten hatten sich an Baumstämmen angebunden oder wollten sich auf quer gespannten Seilen dem Zugriff entziehen. Eine Frau und ein Mann hatten sich aneinandergeklebt und wurden im Beisein von mehreren Beamten auf der Schaufel eines Radladers abtransportiert. Die Campbewohner leisteten im Grunde aber nur passiven Widerstand.

Nachdem alle Bewohner das Camp verlassen haben, müssen noch ihre Hinterlassenschaften aus dem Wald gebracht werden. Neben den Resten der Baumhäuser betrifft das unter anderem Mobiliar, Matratzen, Schlafsäcke und andere Gegenstände. Bereits am Mittwoch hatte parallel zur Räumung die Rodung des Waldstückes begonnen. Bis Ende Februar sollen 7,5 Hektar Wald verschwinden. Betroffen sind vor allem Fichten, Kiefern und Birken. Nach Angaben des Waldeigentümers Sachsenforst ist KBO zur Wiederaufforstung der Fläche verpflichtet.

Bei ihrem Einsatz wurde die sächsische Polizei von Kollegen aus anderen Bundesländern und von der Bundespolizei unterstützt. Unter anderem war ein sogenanntes Höheninterventionsteam der Polizei aus Nordrhein-Westfalen im Einsatz, dessen Kompetenzen bundesweit bei der Räumung besetzter Wäldern in Anspruch genommen werden. Wie viele Polizisten insgesamt beteiligt waren, wurde nicht berichtet. Der Einsatz läuft in den kommenden Tagen noch weiter. Ursprünglich hatte die zuständige Polizeidirektion Görlitz mindestens fünf Tage veranschlagt.

Die Polizei sprach am Donnerstag von einem reibungslosen Einsatz. Demnach seien bislang 13 Ermittlungsverfahren im Zusammenhang mit der Räumung eingeleitet worden - in acht Fällen wegen Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte. Außerdem habe es einen tätlichen Angriff auf einen Vollstreckungsbeamten gegeben. Auch Drogen-Delikte und einen Verstöße gegen das Sprengstoffgesetz wurden erfasst.

Einige Aktivisten zeigten sich am Donnerstag empört: «Anders als die Polizei behauptet, kann auf keinen Fall von 'friedlich' oder 'kommunikativ' gesprochen werden», teilten sie mit. Die Polizei sei am Mittwoch immer wieder durch gewalttätiges Verhalten aufgefallen. «Wir sind schockiert und wütend», hieß es. Zudem warfen die Aktivisten der Polizei vor, sie habe Kletterausrüstung gestohlen, womit ein sicheres Klettern nicht mehr möglich gewesen sei.

Augenzeugen des Geschehens hatten allerdings andere Eindrücke geschildert. So berichteten Vertreter der Grünen, die den Einsatz als parlamentarische Beobachter begleiteten, von einem professionellen Vorgehen der Einsatzkräfte.

Vertreter einer Mahnwache für das Camp bewerteten den Protest nicht als erfolglos. «Wir haben zwar ein Waldstück verloren, aber dem Thema eine riesige Öffentlichkeit schenken können», sagte ein Sprecher.

Das Thema «Bauwende» - die Suche nach umweltverträglichen Lösungen für den Bau - spiele mit Blick auf den Klimawandel eine immer größere Rolle. Es gebe nun die Hoffnung, dass die Ausweitung des Kiesabbaus auf die Fläche Würschnitz-West verhindert werden könne. «Da sie noch näher an den Mooren liegt, wäre das eine Katastrophe.»

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