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Leipzig vor der Oberbürgermeisterwahl: Wer macht das Rennen?

Burkhard Jung (SPD), Leipzigs Oberbürgermeister. Foto: Sebastian Willnow/zb/dpa/Archivbild
Burkhard Jung (SPD), Leipzigs Oberbürgermeister. Foto: Sebastian Willnow/zb/dpa/Archivbild

Die Leipziger sind am Sonntag aufgerufen, ihren Rathauschef für die nächsten sieben Jahre zu wählen. Es könnte knapp werden. Beobachter gehen davon aus, dass der Gewinner erst nach einem zweiten Wahlgang am 1. März feststeht. Seit 30 Jahren stellt die SPD den Oberbürgermeister in Sachsens größter Stadt.

Amtsinhaber Burkhard Jung, schon seit 2006 Rathauschef, tritt zum dritten Mal an. Auch die CDU macht sich Hoffnungen auf den Spitzenposten. Sie hat Wissenschaftsminister Sebastian Gemkow ins Rennen geschickt - und die Landes-CDU um Ministerpräsident Michael Kretschmer wird nicht müde, Gemkow die Unterstützung zu versichern. Auch die Grünen sind in Leipzig für eine ostdeutsche Stadt stark, bei der Landtagswahl gewannen sie zwei Direktmandate. Insgesamt treten bei der Oberbürgermeisterwahl am Sonntag acht Kandidaten an.

Viele Leipziger stimmten nach Angaben der Stadt bereits per Briefwahl ab. Vier Tage vor dem Wahltag hatten bereits 44 758 Menschen gewählt. Zum Vergleich: 2013 waren zum gleichen Zeitpunkt nur 16 464 Stimmen postalisch eingegangen.

Politikwissenschaftler Hendrik Träger von der Universität Leipzig rechnet mit der «spannendsten Oberbürgermeisterwahl, die es in Leipzig seit 1990 gab». Das Rennen sei «relativ offen». Träger geht davon aus, dass es einen zweiten Wahlgang geben wird.

Ein dominierendes Thema im Wahlkampf ist die Sicherheitspolitik rund um die Silvesternacht im Stadtteil Connewitz und den Gewaltausbruch bei einer Demonstration gegen das Verbot der Internet-Plattform «Linksunten.Indymedia» am vergangenen Samstag.

An Silvester war ein Polizist angegriffen und schwer verletzt worden. Die Polizei vermutet Linksextremisten hinter der Attacke, muss sich aber auch Vorwürfe zu ihrem Vorgehen anhören. Der Jurist Gemkow sagt dazu: «Recht und Gesetz müssen in unserer Stadt in allen Stadtteilen gelten. Stadtchef Jung betont: «Gewalt gehört geächtet, da sind wir uns doch alle einig.»

Nach der Eskalation der Indymedia-Demonstration erklärt Jung, das Verhalten sei «indiskutabel». Demonstranten seien «unter dem Pseudonym der Meinungsfreiheit» auf Vertreter der Presse losgegangen. Herausforderer Gemkow sagt: «Hier war ganz klar das Ziel, Randale zu verbreiten.»

Ein weiteres großes Thema in der wachsenden Stadt ist der Verkehr. In der Diagnose der Kandidaten gibt es wenig Unterschiede: Da gibt es ein Problem. Das Einwohnerwachstum hat den Platz auf den Straßen knapper gemacht. 10 000 Menschen mehr bedeuten 5000 zusätzliche Autos, sagt Jung als Faustformel. Viele Menschen steigen inzwischen in Leipzig auch auf das Rad um. Es fehlt allerdings eine sichere Infrastruktur. Immer wieder gibt es tödliche Unfälle. «Unsere Stadt ist derzeit nicht sicher», sagt der Oberbürgermeister.

CDU-Kandidat Gemkow schwebt ein Fahrradstraßennetz vor, die Parkplatznot will er mit Quartiersgaragen, also Parkhäusern, lösen. Katharina Krefft von den Grünen plädiert für mehr Carsharing. Das Auto sei immer noch Garant für individuelle Mobilität, sagt Marcus Viefeld (FDP). Für die Satire-Partei Die Partei verlangt derweil Katharina Subat: «Schwarzfahren muss bezahlbar bleiben.» Bei der Frage zum 365-Euro-Ticket gehen die Meinungen auseinander. Stadtchef Jung hofft, dass Leipzig Modellregion des Bundes wird. Gemkow plädiert dagegen erstmal für ein besseres Angebot und einen ÖPNV-Ausbau.

Seit 14 Jahren ist Jung Oberbürgermeister der größten Kommune in Sachsen. Seit Juni vergangenen Jahres hat er außerdem das Amt des Städtetagspräsidenten inne. Seine Erfahrung als Stadtchef komme Jung zugute, Leipzig habe sich in seiner Amtszeit positiv entwickelt, sagt Träger. Fast 100 000 Einwohner mehr zählt die Stadt inzwischen. Die Arbeitslosenquote sank von 16,9 Prozent im Jahr 2006 auf 5,9 Prozent im Dezember 2019. Doch nicht alle Entscheidungen Jungs seien ungeteilt populär gewesen.

«Wir haben eine Dynamik, die wir bei der letzten Oberbürgermeisterwahl noch nicht hatten», sagt der Politikwissenschaftler. Denn es gibt seiner Einschätzung nach mehr als zwei aussichtsreiche Kandidaten. Sowohl Jung, als auch Gemkow und Katharina Krefft von den Grünen hätten Gewinnchancen. Auch Franziska Riekewald von den Linken sieht der Forscher im Rennen.

Auch in anderen Großstädten gab es zuletzt Überraschungen bei Oberbürgermeisterwahlen - in Hannover gewann etwa im November Belit Onay von den Grünen das Amt des Stadtchefs. Die Stadt wurde zuvor seit 1946 von einem SPD-Oberbürgermeister regiert.

Fest stehe, dass das Ergebnis der Wahl über die Region hinaus strahlen werde, so Träger. Werde Jung wiedergewählt, zeige dies, dass die SPD mit geeignetem Personal Wahlen gewinnen könne - trotz Schwierigkeiten auf Bundesebene. Machen CDU oder Grüne das Rennen, signalisiere das: Ein Wechsel nach 30 Jahren ist möglich.

Inhalt: dpa - Deutsche Presse-Agentur GmbH

Bilder: Burkhard Jung (SPD), Leipzigs Oberbürgermeister. Foto: Sebastian Willnow/zb/dpa/Archivbild