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Minister beklagen Angriffe auf Justiz - «Dulden wir nicht»

Beschlüsse und Erklärung bei Länder-Justizministerkonferenz  / Foto: Robert Michael/dpa
Beschlüsse und Erklärung bei Länder-Justizministerkonferenz / Foto: Robert Michael/dpa

Deutschlands Justiz ist belastet und bedroht. Angesichts von Personalmangel und schleppender Digitalisierung sehen die Länderminister auch den Bund in der Verantwortung - nicht nur beim Geld.

Angesichts der Morddrohungen gegen Richter in Berlin haben die Justizminister von Bund und Ländern alle Angriffe auf die Justiz und die richterliche Unabhängigkeit verurteilt. «Wer Richterinnen und Richter angreift oder bedroht, greift das Herz unseres Rechtsstaats an», sagte Bundesjustizministerin Stefanie Hubig (SPD) bei der Tagung im sächsischen Bad Schandau. «Wir stehen geschlossen an der Seite der Gerichte und Staatsanwaltschaften», heißt es in einer gemeinsamen Erklärung der Ressortchefs von Bund und Ländern. 

Hubig: «Wir dulden das nicht»

Solche Angriffe sind für die betroffenen Richterinnen und Richter zutiefst belastend, sagte Hubig. «Für mich, als Vertreterin der unabhängigen Justiz, sind sie alarmierend.» Denn sie richteten sich nicht nur gegen einzelne Personen, «sondern gegen das Recht selbst – und gegen die Idee einer unabhängigen Justiz». «Wir dulden das nicht», betonte sie. «Es kann nicht sein, dass Richter und Staatsanwälte und ihre Familien bedroht und an ihrer Arbeit gehindert werden.» 

Vor dem Hintergrund der Belastungen der Gerichte und zunehmender Bedrohung von Gerichten und Staatsanwaltschaften sprachen sich die Minister für eine rasche Neuauflage des Pakts für den Rechtsstaat aus. Laut einem Beschluss ihrer Ressortkonferenz soll die Justiz gemeinsam mit dem Bund zukunftsfest aufgestellt werden - durch verbesserte Digitalisierung, beschleunigte Verfahren und eine nachhaltige personelle Stärkung. 

Geiert: Rechtsstaats-Pakt jetzt und zügig

«Es ist das Signal der Länder nach Berlin, dass der Pakt für uns unheimlich wichtig ist, dass er jetzt kommt und dass er zügig kommt», sagte Sachsens Justizministerin Constanze Geiert (CDU) als Vorsitzende der Justizministerkonferenz. Hubig sprach von einem wichtigen Schulterschluss von Bund und Ländern. «Wir sind gemeinsam entschlossen, den Rechtsstaat zu stärken.» Es gehe um das Vertrauen der Bürger in die Justiz. Ganz oben auf der Agenda stünden Verfahrensbeschleunigung und die Prüfung von Prozessordnungen. «Bei Personal und Ausstattung glaube ich, werden wir auch gute Lösungen finden», sagte Hubig. 

Zusätzliche Stellen und Geld für Digitalisierung

Der Beschluss sieht eine langfristige Mitfinanzierung von mindestens 2.000 zusätzlichen Stellen für Richter- und Staatsanwaltschaften sowie den Geschäftsstellendienst vor. Über die laufende Digitalisierungsoffensive hinaus hält die Länderrunde zudem eine jährliche Bundesbeteiligung von mindestens 200 Millionen Euro für erforderlich. «Wir fordern den Bund auf, mit einem neuen Pakt jetzt zügig die Weichen für eine nachhaltige Stärkung des Rechtsstaats zu stellen», sagte Geiert. Auch der Bund trage dafür Verantwortung.

Der Rechtsstaat sei mehr als Summe der Landesjustizverwaltung, sagte die Hamburger Justizsenatorin Anna Gallina (Grüne). «Wir erleben momentan eine Bedrohung von innen und außen.» In den kommenden Jahren müsse in seine Funktionsfähigkeit investiert werden, auch wegen des Vertrauens der Menschen, «dass sie in angemessener Zeit zu ihrem Recht kommen». 

Votum für Regeln zum Schutz der Schöffenwahlen

Die Länderrunde sprach sich darüber hinaus nach einem Vorstoß Sachsens für eine Regelung aus, nach der die amtierenden Schöffen auch nach dem regulären Ende der Amtsperiode noch so lange im Amt bleiben, bis die neue Schöffenwahl abgeschlossen ist. Hubig soll dafür zeitnah einen Gesetzentwurf erarbeiten, um Blockaden bei Schöffenwahlen und damit ein Stillstand der Rechtspflege zu verhindern.

Neuanfang für Opfer häuslicher Gewalt

Mit einem weiteren Beschluss soll der Neuanfang für Opfer häuslicher Gewalt erleichtert werden. Das Thema ist auch der Bundesjustizministerin wichtig. «Häusliche Gewalt hat in Deutschland wirklich ein erschreckendes Ausmaß angenommen», sagte sie. Jeden dritten Tag werde eine Frau Opfer einer solchen. «Das können wir nicht dulden und müssen wir bekämpfen.» Denn den Familien seien auch Kinder von dieser Gewalt, diesen Auseinandersetzungen betroffen. 

Laut Hubig geht es um den strafrechtlichen Schutz bei Trennungen sowie geschlechtsbezogenen Taten. «Wer heute eine Frau tötet, wenn sie die Beziehung beendet, kann schon mit Mord bestraft werden.» Aber es müsse nach weiterer Verbesserung im Strafrecht geschaut werden. «Jeder Tag ohne Gewalt ist ein guter Tag.»

Die Länderminister wollen sich auch dafür einsetzen, dass es Opfer leichter haben, aus gemeinsamen Mietverträgen mit Gewalttätern auszusteigen, «und nicht weiter die Miete auch für den Täter mit zahlen zu müssen», sagte Gallina. Bisher könne ihnen ein langwieriger Rechtsstreit aufgezwungen werden. Die Runde bat Hubig, «zeitnah Möglichkeiten gesetzlicher Regelungen zu prüfen.»

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