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Forscherin macht Mut bei Depressionen im Alter

Die Dresdner Professorin Vjera Holthoff-Detto verweist auf gute Behandlungsmöglichkeiten für Depressionen im Alter. / Foto: Sebastian Kahnert/dpa
Die Dresdner Professorin Vjera Holthoff-Detto verweist auf gute Behandlungsmöglichkeiten für Depressionen im Alter. / Foto: Sebastian Kahnert/dpa

Unlängst hat der frühere Trigema-Chef Wolfgang Grupp einen Suizidversuch öffentlich gemacht und von seiner Altersdepression berichtet. Für eine solche Erkrankung gibt es gute Heilungschancen.

Auch ältere Menschen sind einer Depression nicht hilflos ausgeliefert und haben gute Heilungschancen. «Je früher sie erkannt wird, desto besser kann sie behandelt werden», sagte Vjera Holthoff-Detto, Direktorin der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie am Universitätsklinikum Dresden, der Deutschen Presse-Agentur. Gerade bei älteren Menschen sei aber Eile geboten. «Jeder Monat Depression schröpft die körperlichen und mentalen Reserven. Die sind bei Älteren beschränkter.»

Nach Angaben der Professorin sind Demenz und Depressionen die beiden häufigsten mentalen Erkrankungen bei Älteren. Manchmal seien beide am Anfang sogar schwer zu unterscheiden. Bei der Depression im Alter kämen häufig kognitive Störungen hinzu. «Bei bis dahin gesunden Menschen können sich Aufmerksamkeitsstörungen und Gedächtnisstörungen einstellen. Auch aktuelle Erinnerungen sind mitunter schwer zugänglich.» Bestimmte Gehirnareale seien weniger aktivierbar, was zu einer Antriebsschwäche führen könne.

Depression entwickelt sich schleichend

Nach den Worten von Holthoff-Detto ist es für Betroffene mitunter gar nicht einfach, Anzeichen einer Altersdepression richtig zu deuten. Selbst Angehörige Betroffener würden manchmal davon ausgehen, dass bestimmte Veränderungen zum Alter gehören. «Eine Depression entwickelt sich langsam, schleichend. Erkrankte können keine Freude mehr an ihrem Leben empfinden, sind niedergeschlagen. Alles fällt ihnen schwer. Meist merkt die Familie erst dann, dass der oder die Betreffende früher ganz anders war.» 

«Depressionen sind eine Volkskrankheit, im Alter eben auch», sagte die Wissenschaftlerin, die schon seit vielen Jahren zum Thema Depressionen und Demenz forscht. Im Alter nähmen Depressionen sogar latent zu. Deshalb gelte es auf bestimmte Dinge zu achten, um gesünder alt zu werden. «Besonders wichtig sind soziale Kontakte. Man sollte aber auch kognitiv angeregt bleiben und sich gesund ernähren. Entscheidend ist, Symptome frühzeitig zu erkennen und ernst zu nehmen. «Depression ist eine sehr gut behandelbare Krankheit.»

Menschen in Übergangsphasen anfällig für Depressionen 

Generell seien Menschen in Transitionsphasen anfällig für eine Depression. «Das sind Übergangsphasen, die auf mehreren Ebenen Veränderungsprozesse erfordern, etwa die Pubertät, die Hochzeit oder das erste Kind. Auch der Eintritt ins Rentenalter zähle dazu. Die Psychiatrie spreche von einer Schwellensituation. Diese Phasen fordern den ganzen Menschen, seine Psyche genauso wie seine Biologie. Es wichtig, in einen solchen neuen Lebensabschnitt nicht einfach hereinzuschlittern, sondern sich darauf vorzubereiten.

Depression auch im hohen Alter gut behandelbar

Holthoff-Detto sieht die heutige Generation älterer Menschen gut gerüstet. «Viele von ihnen sind modern, haben ein Handy und kommunizieren mit ihren Enkeln auf Facebook oder anderswo.» Deshalb sei es wichtig, Veränderungen in ihrem Verhalten nicht als normalen Alterungsprozess wahrzunehmen, sondern eine mögliche Depression in Betracht zu ziehen. «Selbst Menschen im hohen Alter können sich wieder komplett von einer solchen Erkrankung erholen und Energie entfalten, wenn sie professionell behandelt werden.»

Die Professorin erinnert sich an den Fall einer Frau von knapp 90 Jahren, die ihrem Leben ein Ende setzen wollte, weil sie sich nutzlos fühlte und ihrer Familie nicht zur Last fallen wollte. Dabei wäre sie noch acht Wochen zuvor ganz anders gewesen, habe Zeitung gelesen, sei ins Konzert gegangen und habe eine Weltreise für ihren Enkel mitorganisiert. «Sie wurde gerettet, weil der Enkel sie besuchen kam und einen Wohnungsschlüssel hatte. Wir haben sie mit Antidepressiva behandelt. Sie hat sich nachher sehr auf zuhause gefreut.»

Depressionen sollten von Betroffenen nicht «ausgesessen» werden 

Der Schweregrad einer Depression richtet sich laut Holthoff-Detto nach der Anzahl der Symptome. Die Erkrankung werde in leicht, mittelschwer und schwer eingeteilt. Eine Depression einfach «auszusitzen» sei selbst in einem leichten Fall nicht ratsam. «Sie mag von allein wieder weggehen, aber zu einem hohen Preis. Denn selbst junge Menschen verbrauchen dabei viele Ressourcen.» Ab einem bestimmten Stadium sei eine medikamentöse Behandlung unverzichtbar - in Kombination mit psychotherapeutischer und psychosozialer Begleitung.

Die Wissenschaftlerin findet es hilfreich, dass der frühere Trigema-Chef Wolfgang Grupp seine Altersdepression öffentlich machte und so zur Sensibilisierung für dieses Thema beitrug. Grupp sei ein Beispiel dafür, dass Depression jeden treffen kann - auch erfolgreiche Menschen ohne finanzielle Sorgen und mit familiärem Rückhalt.

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