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Sachsen stimmt Einführung des Bürgergeldes nicht zu: Kritik

Eine Frau hält Geldscheine und Münzen in der Hand. / Foto: Daniel Karmann/dpa/Symbolbild
Eine Frau hält Geldscheine und Münzen in der Hand. / Foto: Daniel Karmann/dpa/Symbolbild

Sachsen hat der Einführung des Bürgergeldes nicht zugestimmt und sich bei der Abstimmung im Bundesrat enthalten. «Das, was jetzt vorliegt, ist nicht ausgewogen. Die Kritik von vielen Institutionen, die sich auskennen mit Sozialpolitik, die darf man nicht überhören», sagte Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU). Es gelte vor allem auf diejenigen zu hören, die in diesem Land etwas leisten: die Unternehmerinnen und Unternehmer. «Die Menschen, die jeden Tag auch auf Arbeit gehen und in diese sozialen Sicherungssysteme einbezahlen.»

Das Bürgergeld der Ampel-Koalition war am Montag vorerst gestoppt worden. In einer Sondersitzung des Bundesrats erhielt der Gesetzentwurf für die Sozialreform nicht die erforderliche Mehrheit. Damit kann die zum 1. Januar geplante Reform vorerst nicht in Kraft treten. Wie zuvor angekündigt, verweigerten mehrere Landesregierungen unter Führung beziehungsweise mit Beteiligung der Union dem Vorhaben ihre Zustimmung. Nun soll der Vermittlungsausschuss angerufen werden.

Kretschmers Stellvertreter Wolfram Günther (Grüne) sprach von einer «verpassten Chance». «Die wäre ein sozialpolitischer Paradigmenwechsel gewesen, der Lebensleistung anerkennt und sie nicht in komplizierten Regeln zermalmt. Ich bedaure es, dass wir darüber in der Koalition keine Einigkeit erzielen konnten. Ich hätte mir ein sächsisches Ja zum Bürgergeld gewünscht», erklärte Günther.

Regierungschef Kretschmer vertrat eine gänzlich andere Auffassung: «So wie das Ganze konstruiert ist, ist es leistungsfeindlich und es schafft falsche Anreize. Und es ist deswegen am Ende unsozial.» Aus diesem Grund müsse über das Gesetz gesprochen werden. Dafür gebe es Institutionen, den Vermittlungsausschuss zwischen Bundestag und Bundesrat. Das sei ein völlig normales Verfahren.

«Wir werden versuchen, dort eine vernünftige Lösung zu finden», betonte Kretschmer. Es gehe darum, keine falschen Anreize zu setzen. «Wir sind ein toller Sozialstaat. Aber wir dürfen es am Ende auch nicht übertreiben und falsch machen.»

Im Anschluss gab es in Sachsen vor allem Kritik an Kretschmer. SPD- Chefin Kathrin Michel stellte klar, dass Kretschmer mit seiner Ablehnung nicht für die sächsische Regierung spreche, sondern als Partei-Vize der CDU. «Für die SPD Sachsen bringt das neue Bürgergeld mehr Gerechtigkeit - gerade für den Osten (...) Es ist gerade für Ostdeutschland wichtig, weil hier Arbeit nach wie vor schlechter bezahlt wird und in den Familien weniger Vermögen vorhanden ist.» Wer Vollzeit arbeite, werde am Ende mehr als das Bürgergeld haben. Kretschmer habe seine andere Meinung oft wiederholt. Seine Argumente würden dadurch aber nicht richtiger.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) in Sachsen forderte die CDU auf, «ideologische Scheuklappen» abzulegen und zu einer sachlichen Diskussion zurückzufinden. «Aus rein ideologischen Gründen blockiert die CDU Verbesserungen für Arbeitslose und für Beschäftigte», erklärte DGB-Chef Markus Schlimbach. Kretschmer müsse seine «Fundamentalopposition und Stimmungsmache» umgehend beenden. Das Bürgergeld werde von ihm für eine Schmutzkampagne genutzt, in der auf Hilfe angewiesene Menschen verächtlich gemacht würden. «Sich zum Sprecher der Beschäftigten machen zu wollen, aber deren Interessen mit Füßen zu treten, ist schizophren.»

«Die Blockadehaltung der CDU/CSU im Bundesrat ist unverantwortlich und trägt dazu bei, die Gesellschaft weiter zu spalten», betonte die sächsische Linke-Chefin Susanne Schaper. Statt sich selbst minimalen Verbesserungen in den Weg zu stellen, müssten endlich weitere Schritte unternommen werden, um langzeitarbeitslosen Menschen eine würdige Existenz zu sichern. Ihre Partei fordere weiter eine armutsfeste Grundsicherung ohne Sanktionen: «Niemand darf weniger als 1200 Euro zum Leben haben.»

«Seit Monaten sprechen wir über die sozialen Härten, insbesondere in der aktuellen Krise. Jetzt hätte man einen Schritt zu mehr sozialer Gerechtigkeit gehen können», twitterte Grünen-Chefin Marie Müser. Ihre Partei kämpfe weiter für das Bürgergeld und gegen die «soziale Kälte von CDU/CSU».

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