Der sächsische Wirtschaftsminister Dirk Panter (SPD) mahnt eine ehrliche Debatte über die Rüstungsindustrie an. Es gehe darum, die Diskussion «offen, differenziert und mit Weitblick zu führen», sagte er am Rande eines Besuches mehrerer Firmen aus dieser Branche im Freistaat. Freiheit brauche Sicherheit, diese Sicherheit müsse sichtbar sein. «Deshalb bin ich überzeugt: Deutschland muss verteidigungsfähig werden – auch wirtschaftlich.»
Panter: «Was ist die Alternative?»
Hintergrund ist die Kritik an der Ansiedlung von Rüstungsfirmen. «Wenn in Görlitz oder Großenhain protestiert wird, höre ich genau hin. Ich bin auch vor Ort, spreche mit den Menschen – und nehme ihre Bedenken ernst. Aber ich frage auch zurück: Was ist die Alternative? Keine Industrieansiedlung? Keine neuen Arbeitsplätze? Kein wirtschaftlicher Strukturwandel», argumentierte Panter. In Großenhain gab es Pläne für eine Munitionsfabrik, in Görlitz will der deutsch-französische Rüstungskonzern KNDS künftig Panzer bauen.
Sachsen braucht Mut, sich unbequemen Fragen zu stellen
Wer glaube, Aggressoren mit Appellen oder Symbolpolitik abschrecken zu können, verkenne die Realität, betonte der Minister. «Wir brauchen in Sachsen mehr Industrie, nicht weniger. Und wir brauchen den Mut, uns auch unbequemen Themen zu stellen.» Viele Menschen setzten auf pazifistische Traditionen, auf die Friedliche Revolution und auf das Motto «Schwerter zu Pflugscharen». «Das sind gesellschaftliche Werte, die ich respektiere. Aber die Realität zwingt uns zu unangenehmen Wahrheiten.»
Minister: «Das Leben funktioniert nicht nach Wünschen.»
«Ich wünsche mir keinen Krieg, keine Waffen, keine Panzer. Aber das Leben funktioniert nicht mit Wünschen», sagte Panter weiter. Er wolle auch nicht, dass Sachsen wirtschaftlich den Anschluss verliere, weil man sich wichtigen und notwendigen Entwicklungen verschließe. «Wir müssen als Land so gut ausgerüstet und vorbereitet sein, dass niemand auf die Idee kommt, tatsächlich eine Eskalation herbeizuführen. Das ist keine Kriegsvorbereitung, sondern Sicherung des Friedens.»
Branche in Sachsen wird von Zulieferern dominiert
Panter hatte mehrere Unternehmen dieser Sparte besucht. Nach Angaben des Wirtschaftsministeriums sind in der Sicherheits- und Verteidigungsindustrie in Sachsen überwiegend Zulieferer mit insgesamt mehr als 2.000 Beschäftigten in etwa 80 Unternehmen tätig. Sie produzieren etwa Elektronik, Sensorik, Optik und Präzisionstechnik, IT-Sicherheit und Software sowie Fahrzeugtechnik inklusive Spezialfahrzeuge.
Freistaat möchte von Milliarden-Investitionen des Bundes profitieren
Sachsen macht keinen Hehl daraus, von den geplanten Milliarden-Investitionen des Bundes zur Ertüchtigung der Verteidigungsfähigkeit profitieren zu wollen. Im Fokus stehen Neuansiedlungen, aber auch die Werbung um Aufträge für bestehende Unternehmen und Start-ups. Panter: «Wenn wir als ostdeutsches Bundesland zögern oder ablehnen, werden diese Investitionen anderswo in Deutschland getätigt – und mit ihnen gehen neue Arbeitsplätze, Innovationen und industrielle Wertschöpfung verloren. Ich halte das für fahrlässig.»
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