Im Rahmen der Herzwochen 2025 erklärt Prof. Dr. Carsten Wunderlich, leitender Oberarzt und erfahrener Kardiologe an den Oberlausitz-Kliniken in Bautzen, was KHK so gefährlich macht und wie man der Erkrankung frühzeitig vorbeugen kann und er beantwortet Fragen zu den wichtigsten Symptome eines Herzinfarkts, warum es so große Unterschiede zwischen Männern und Frauen gibt und was im Notfall zu tun ist, um das Leben zu retten.
Koronare Herzkrankheit – Eine stille Gefahr
Die koronare Herzkrankheit (KHK) bleibt häufig lange unentdeckt, obwohl sie zu den häufigsten Herzkrankheiten gehört. Herz-Kreislauf-Erkrankungen gehören nach wie vor zu den häufigsten Todesursachen in Deutschland. Unter dem Motto „Gesunde Gefäße – gesundes Herz. Den Herzinfarkt vermeiden“ widmen sich die diesjährigen Herzwochen der Deutschen Herzstiftung der Aufklärung über Risiken, Warnzeichen und Behandlungsmöglichkeiten der Koronaren Herzkrankheit (KHK) und des Herzinfarkts.
Herr Prof. Wunderlich, was genau versteht man unter einer koronaren Herzkrankheit?
Die koronare Herzkrankheit, kurz KHK, ist eine Durchblutungsstörung des Herzmuskels. Ursache sind Ablagerungen in den Herzkranzgefäßen – sogenannte Plaques –, die den Blutfluss zunehmend behindern. Das Herz bekommt dann nicht mehr genug Sauerstoff. Anfangs merken Betroffene davon oft nichts, aber mit der Zeit kann sich ein Engegefühl in der Brust oder Atemnot einstellen, insbesondere bei Belastung.
Warum bleibt die Krankheit so lange unentdeckt?
Das liegt daran, dass die Beschwerden häufig schleichend beginnen oder von den Betroffenen falsch eingeordnet werden. Frühe Anzeichen einer koronaren Herzkrankheit sind oft Brustschmerzen oder ein Druckgefühl bei Belastung, Atemnot, unübliche Müdigkeit oder Schwäche. Auch Herzrasen oder Schwindel können Hinweise sein. Viele schieben das auf Stress, mangelnde Fitness oder das Alter. Dabei ist Früherkennung entscheidend – durch regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen, EKGs oder Belastungstests kann man die Erkrankung rechtzeitig erkennen.
Wie kann man einer KHK vorbeugen?
Das A und O sind ein gesunder Lebensstil und die Kontrolle von Risikofaktoren. Dazu gehören regelmäßige Bewegung, ausgewogene Ernährung, Nichtrauchen und die Behandlung von Bluthochdruck, Diabetes oder erhöhten Cholesterinwerten. Schon kleine Veränderungen können langfristig viel bewirken.
Wie hat sich die Behandlung in den letzten Jahren entwickelt?
Enorm. Heute stehen uns moderne Medikamente, Katheterverfahren und minimalinvasive Eingriffe zur Verfügung, die die Lebensqualität deutlich verbessern. Aber Prävention bleibt das Wichtigste – sie beginnt im Alltag.
Was raten Sie Menschen, die sich unsicher sind, ob ihr Herz gesund ist?
Lieber einmal zu viel als einmal zu wenig zum Arzt gehen. Das Herz ist unser Lebensmotor – wir sollten gut auf es hören.
Herzinfarkt – Wenn jede Minute zählt
Ein Herzinfarkt kann plötzlich auftreten und erfordert schnelles Handeln. Plötzlich starke Schmerzen in der Brust, Atemnot, Angst – ein Herzinfarkt kann jeden treffen, jederzeit. Unter dem Motto „Gesunde Gefäße – gesundes Herz. Den Herzinfarkt vermeiden“ stellen die diesjährigen Herzwochen die Bedeutung von Früherkennung und schneller Hilfe in den Mittelpunkt. Über Ursachen, Warnzeichen und aktuelle Behandlungsmethoden spricht Prof. Dr. Carsten Wunderlich, leitender Oberarzt und erfahrener Kardiologe.
Was passiert bei einem Herzinfarkt genau?
Bei einem Herzinfarkt wird ein Herzkranzgefäß plötzlich vollständig verschlossen – meist durch ein Blutgerinnsel. Dadurch wird der Herzmuskel in diesem Bereich nicht mehr durchblutet und beginnt abzusterben. Deshalb zählt beim Erkennen eines Herzinfarktes auch jede Minute, denn je schneller das Gefäß wieder geöffnet wird, desto besser sind die Überlebenschancen und die Aussichten auf Erholung.
Woran erkennt man einen Herzinfarkt?
Typisch sind starke, länger anhaltende Schmerzen oder ein Druckgefühl in der Brust, das in Arm, Rücken, Hals oder Oberbauch ausstrahlen kann. Viele Betroffene verspüren zudem Atemnot, Schweißausbrüche oder Übelkeit. Wichtig ist: Diese Symptome können bei Frauen, älteren Menschen und Diabetikern auch unspezifisch sein – etwa nur als plötzliche Schwäche oder Unwohlsein wahrgenommen werden.
Warum sind die Symptome bei Frauen oft unspezifisch und anders als bei Männern?
Die unterschiedlichen Symptome bei Frauen hängen mit der biologischen Beschaffenheit und den hormonellen Unterschieden zusammen. Zum einen sind ihre Herzkranzgefäße kleiner und feiner verzweigt. Dadurch können sich Probleme langsamer entwickeln und zeigen sich oft nicht mit den klassischen Brustschmerzen. Hormonelle Unterschiede spielen ebenfalls eine Rolle – vor der Menopause schützt Östrogen das Herz, nach der Menopause steigt das Risiko. Frauen berichten häufiger von Symptomen wie Übelkeit, Schwäche oder Schwitzen, die weniger mit einem Herzinfarkt in Verbindung gebracht werden, aber trotzdem Warnzeichen sein können.
Hat das Konsequenzen?
Leider ja. Die unspezifischen Symptome bei Frauen führen oft zu einer späteren Diagnose. Da sie die Warnzeichen eines Herzinfarkts weniger schnell erkennen und ärztliche Hilfe suchen, kann wertvolle Zeit verloren gehen. Studien zeigen, dass Frauen – gerade nach der Menopause – im Vergleich zu Männern eine höhere Sterblichkeit nach einem Herzinfarkt haben. Dies liegt vor allem daran, dass sie tendenziell später behandelt werden und das Herz infarktbedingt stärker geschädigt sein kann.
Was ist im Notfall zu tun?
Sofort den Notruf 112 wählen! Nicht abwarten oder selbst fahren. Je eher der Rettungsdienst eingreift, desto besser. In spezialisierten Zentren kann das verschlossene Gefäß meist innerhalb weniger Minuten per Herzkatheter geöffnet werden. Falls die aufgefundene Person bei Bewusstsein ist, sollte sie möglichst ruhig atmen und sich nicht mehr bewegen, um das Herz nicht zusätzlich zu belasten. Falls sie das Bewusstsein verliert, sollte umgehend mit der Herz-Lungen-Wiederbelebung begonnen werden: Drücken Sie kräftig und schnell mit beiden Händen auf den Brustkorb, etwa 100-120 Mal pro Minute. Je schneller man handelt, desto größer sind die Überlebenschancen.
Welche Rolle spielt die Nachsorge?
Eine sehr große. Nach einem Infarkt beginnt die eigentliche Arbeit – die Rehabilitation, Bewegungstherapie und langfristige Umstellung des Lebensstils. Auch die medikamentöse Therapie ist entscheidend, um Rückfälle zu vermeiden.
Was wünschen Sie sich von den Menschen im Umgang mit ihrem Herzen?
Mehr Achtsamkeit. Wir haben heute hervorragende Möglichkeiten, Herzinfarkte zu behandeln – aber die beste Medizin bleibt, sie zu verhindern. Wer auf seinen Körper hört, lebt länger und besser.
(Die Fragen stellte Robert Reuther)
Veranstaltungshinweis:
Wer mehr über Herzgesundheit und aktuelle Therapien erfahren möchte, ist herzlich zum Patientencafé „Koronare Herzkrankheit und Herzinfarkt, wie schützen Sie sich am besten“ am Mittwoch, 12. November, um 16 Uhr im Konferenzbereich des Krankenhauses Bautzen eingeladen. Dort beantwortet Prof. Dr. Wunderlich persönlich Fragen rund ums Thema Herz. Es wird um Anmeldung unter der Telefonnummer (03591) 363-2300 gebeten.