Die AfD hat nach den Kommunalwahlen in Sachsen Schwächen eingeräumt. «Unser Ziel, schon in der ersten Runde einen Landrat zu stellen, haben wir nicht geschafft», sagte AfD-Parteichef Jörg Urban am Montag in Dresden. Es werde auch in der zweiten Runde nicht einfach, «noch die Nase nach vorn zu kriegen». Das Abschneiden des AfD-Kandidaten Maximilian Krah bei Oberbürgermeisterwahl in Dresden nannte Urban enttäuschend. Krah war mit 14,2 Prozent nur der vierte Platz im ersten Wahlgang geblieben. Urban führte das auf die geringe Bekanntheit des Bewerbers in der Dresdner Bevölkerung zurück.
Urban zufolge ist die AfD in Sachsen in den Umfragewerten zwar sehr stabil. Allerdings schlage sich das nicht in Wahlergebnissen nieder. Der wichtigste Grund dafür sei die geringe Wahlbeteiligung. Urban ging nicht davon aus, dass die Ergebnisse zu Verwerfungen in der Partei führen. Man habe gewusst, dass die Kommunalwahl ein «dickes Brett» sei. Die Euphorie sei «ein bisschen gedämpft». Urban wurde auch gefragt, ob nun künftig mehr Realpolitik oder Populismus das Agieren der AfD bestimmen sollte. «Ich finde die gute Mischung am besten», sagte der Parteichef.
Bis auf die Linken zeigten sich andere Parteien mit ihrem Abschneiden weitgehend zufrieden. CDU-Generalsekretär Alexander Dierks sah die konstruktiven Kräfte im Land gestärkt. Dem Populismus sei eine klare Absage erteilt worden, sagte er in Richtung AfD. «Verfassungsfeinde geben in Sachsen nicht den Ton an», betonte Grünen-Landeschefin Marie Müser. SPD-Parteichef Henning Homann sah den «Abwärtstrend der AfD» durch die Wahl bestätigt. Die AfD habe in keinem einzigen Landkreis und wahrscheinlich auch in keinem einzigen Bürgermeisteramt eine realistische Chance zur Übernahme. Spekulationen um einen Erdrutschsieg der AfD hätten sich als Scheindebatte erwiesen.
Bei den Landratswahlen hatten CDU-Kandidaten am Sonntagabend in drei von neun zur Abstimmung stehenden Landkreisen auf Anhieb gewonnen. Für die zweite Runde am 3. Juli hat die Union in den Kreisen Görlitz, Bautzen und Zwickau sowie im Erzgebirgskreis und im Vogtlandkreis gute Chancen. In Landkreis Mittelsachsen liegt die Union hinter dem von Linke, Grünen und SPD unterstützten Einzelbewerber Dirk Neubauer nur auf Rang 2. Dierks konstatierte eine gute Ausgangssituation in fast allen Regionen, es sei aber nichts gewonnen. Gespräche über Kandidaturen und Unterstützungen würden vor Ort geführt.
Linke-Landesgeschäftsführer Lars Kleba rückte die wenigen Erfolge seiner Partei bei einigen Bürgermeisterwahlen in den Mittelpunkt und zeigte sich zufrieden, dass die Bündnisse mit SPD und Grünen funktionierten. Die Linken hätten es momentan «nicht ganz einfach»: «Ein bisschen mehr Rückenwind aus Berlin kann man sich da schon wünschen.» Vom Bundesparteitag der Linken in Erfurt wünschte sich Kleba ein «klares Signal für eine starke Partei».
«Wir sind guter Dinge, wir sind gut gestimmt», begann Grünen-Chefin Müser ihr Fazit. Man habe sich bei den Bündnissen als verlässlicher Partner erwiesen. Sie erinnerte daran, dass ihre Partei auch die CDU-Landratskandidaten Stephan Meyer (Landkreis Görlitz) und Henry Graichen (Landkreis Leipzig) unterstützt habe. In Dresden habe man eine realistische Chance, mit Eva Jähnigen eine grüne Oberbürgermeisterin zu stellen.
SPD-Chef Homann räumte ein, dass es derzeit «eine Auseinandersetzung über die Meinungsführerschaft im progressiven Lager zwischen SPD und Grünen» gebe. Die SPD nehme diese Herausforderung aber an und wolle sich auf ihre eigenen Stärken konzentrieren. Die SPD-Spitze werde nicht über Kandidaturen oder Unterstützungen in der zweiten Runde entscheiden, dass müsse vor Ort geschehen.
Die FDP stellte das Ergebnis ihres Parteimitgliedes Dirk Hilbert bei der Oberbürgermeisterwahl in Dresden ins Zentrum. Der Amtsinhaber war am Sonntagabend zwar auf 32,5 Prozent der Stimmen gekommen und damit klar auf Platz 1 gelandet. Allerdings droht ihm nun in der zweiten Runde die Abwahl, weil Linke und SPD Grünen-Kandidatin Jähnigen unterstützen. Hilbert zeigte sich am Montag kämpferisch. «Ich werde um jede Stimme kämpfen», erklärte der 50-Jährige.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) forderte die Regierung auf, ihre Verantwortung für die Menschen auf dem Land ernster zu nehmen. «Die Modernisierung Sachsens darf sich nicht auf die Städte konzentrieren, sondern muss auch spürbare Verbesserungen für die Menschen in den ländlichen Räumen bringen», betonte DGB-Chef Markus Schlimbach. Die AfD sei zwar nicht in die Nähe der Macht gekommen. Dennoch bleibe ihr ein Wählerpotenzial zwischen 20 und 35 Prozent.
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