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Ex-Regierungschef Vogel verteidigt Treuhand

Bernhard Vogel (CDU), ehemaliger Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz und Thüringen. / Foto: Uwe Anspach/dpa/Archivbild
Bernhard Vogel (CDU), ehemaliger Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz und Thüringen. / Foto: Uwe Anspach/dpa/Archivbild

Trotz Fehler in turbulenten Zeiten hat die Treuhand nach Ansicht von Thüringens früheren Ministerpräsidenten Bernhard Vogel (CDU) Ostdeutschland vor einer Deindustrialisierung bewahrt. Er komme zu dem eindeutigen Urteil: «Die Treuhand hat alles in allem die ihr aufgegebene Aufgabe zum Erfolg geführt und befriedigend gelöst», sagte der 90-Jährige am Dienstag vor dem Treuhand-Untersuchungsausschuss im Thüringer Landtag. Ihr sei es gelungen, «dass zumindest im mittelständischen Bereich eine Deindustrialisierung Ostdeutschlands verhindert worden ist», sagte Vogel, der von 1992 bis 2003 Regierungschef in Thüringen war.

Zugleich räumte er ein, dass Fehler gemacht wurden und nicht alles glatt lief. «Es gab auch Versager», sagte Vogel. Nicht alle Beteiligten seien der Aufgabe, die an sie gestellt wurde, gewachsen gewesen. Es habe sowohl schwere nachvollziehbare als auch auch nicht nachvollziehbare Probleme gegeben.

Doch Vogel erinnerte vor dem Untersuchungsausschuss an den Zustand der DDR-Wirtschaft zum Zeitpunkt der Wiedervereinigung, viele Betriebe hätten damals keine international konkurrenzfähigen Produkte produziert. Auf den Vorwurf aus den Reihen der Abgeordneten, dass es zu wenig Zeit gegeben habe, sagte Vogel: «Was hätten wir denn in dieser Zeit machen sollen? Hätten wir tatsächlich die Zehntausende in Eisenach weiter Wartburg produzieren lassen sollen, die niemand gekauft hätte?»

Der CDU-Politiker sagte, nicht die Treuhand habe die hohe Arbeitslosigkeit in den ostdeutschen Bundesländern herbeigeführt. «Von vier Leuten haben drei ihren Arbeitsplatz verloren, aber doch nicht wegen der Treuhand sondern wegen der vorherigen Situation», so Vogel.

Der Treuhand-Untersuchungsausschuss soll unter anderem aufklären, in welchem Zustand sich Betriebe und Infrastruktur zum Ende der DDR im Gebiet des heutigen Thüringens befanden, wie qualifiziert die für Thüringen zuständigen Treuhand-Mitarbeiter gewesen sind und in welchen Fällen der Anfangsverdacht bestand, dass durch Abwicklung von Betrieben Mitbewerber ausgeschaltet werden sollten.

Auch die Folgen der Abwicklungen und der Privatisierungen sollen in den Blick genommen werden. Zudem fragt der Untersuchungsausschuss danach, welche Schritte die Landesregierung wann und mit welchem Erfolg eingeleitet hat, um negative Folgen abzuwenden oder abzumildern.

Die frühere DDR-Wirtschaftsministerin Christa Luft zeichnete vor dem Untersuchungsausschuss ein kritischeres Bild von der Treuhand als Vogel. «Die Treuhand agierte im Interesse, ja man muss es so sagen, des westdeutschen Kapitals», sagte Luft. Die Anstalt sei zu einer «totalen Privatisierungsbehörde» gemacht worden. Als Folgen nannte Luft unter anderem Millionen Arbeitslose, eine kleinteilige Wirtschaft und eine Umverteilung der Märkte. Sie kritisierte auch das Tempo der Privatisierungen.

Luft ist Ökonomin und war während der Regierung Modrow zwischen 1989 und 1990 für einige Monate DDR-Wirtschaftsministerin. Später saß sie viele Jahre lang für die PDS und später die Linke im Bundestag.

Die Treuhandanstalt wurde eingerichtet, um nach der Wiedervereinigung 40 Jahre DDR-Planwirtschaft in die soziale Marktwirtschaft zu überführen. Ende 1994 wurde die Behörde mit zeitweise bis zu 4600 Mitarbeitern aufgelöst. Insgesamt 14.000 Firmen waren zu verwalten und zu privatisieren. Neue Eigentümer mussten auch für Häfen, Wälder, Agrarbetriebe sowie Parteien-, Stasi- und NVA-Vermögen gefunden werden. Insgesamt schloss die Treuhand 85.000 Verträge. Unternehmen wurden komplett oder in Teilen verkauft. Etwa 3500 Firmen, deren Sanierung aussichtslos erschien, wurden abgewickelt.

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