Dieses Metall hat das Erzgebirge reich gemacht. Das Museum der Zinngrube Ehrenfriedersdorf zeigt vom noch bis 1.3.2026 die Ausstellung »ZINN & SEIN. Eine archäologische Spurensuche im Erzgebirge«. Die Schau ist einer der Höhepunkte im sächsisch-böhmischen Forschungsprojekt »ArchaeoTin. Archäologie im Welterbe – Zinnbergbaulandschaften«.
Das Erzgebirge birgt mit seinen großen Zinnlagerstätten bis heute einen Schatz, der bereits vor 4.000 Jahren Menschen angespornt hat, hier Bergbau zu betreiben. Sächsische Montanarchäologen entdeckten vor einigen Jahren in einer Zinnseife bei Schellerhau im Osterzgebirge den ersten Nachweis hierfür. Das teilte das Museum mit.
Unter der Leitung des Landesamtes für Archäologie Sachsen verfolgen insgesamt sieben Partner aus Sachsen, Bayern und Tschechien im ArchaeoTin-Projekt unter anderem folgende Ziele: den bronzezeitlichen Bergbau mit Nachweisen auch an anderen Standorten im sächsisch-böhmischen Erzgebirge zu bestätigen, neue Erkenntnisse zum übertägigen Abbau von Zinnseifen im Mittelalter und der frühen Neuzeit zu gewinnen. Da die Untersuchungsgebiete sich in den Landschaften des Unesco-Welterbes »Montanregion Erzgebirge/Krušnohoří« befinden, werden denkmalschonende, möglichst zerstörungsfreie Untersuchungsmethoden angewendet bzw. weiterentwickelt.
Zinn, die »kleine Schwester« des Silbers, haftet heute eine gewisse Patina des Verstaubten und Vergänglichen an. Zu Unrecht. Denn seit der Bronzezeit und bis heute begleitet und beeinflusst dieser Rohstoff die kulturelle Entwicklung des Menschen. Zur Herstellung von Bronze für Geräte, Waffen oder Schmuck benötigte der vorgeschichtliche Mensch 9 Teile Kupfer und 1 Teil Zinn, das neben dem Erzgebirge nur noch in wenigen Lagerstätten Europas vorkommt.
Wesentlich später im ausgehenden Mittelalter kam in besser gestellten Haushalten zunehmend Zinngeschirr zum Einsatz. Zinn- und Glockengießer waren damals die Hauptabnehmer für Zinn. In der Neuzeit benötigten die Menschen zunächst weniger Zinn, und der Abbau litt unter Kriegen und Krisen. Das änderte sich mit der Industrialisierung im 19. Jahrhundert. Seitdem dient Zinn unter anderem zur Beschichtung von Konservendosen. Heute ist Zinn vor allem als Lötzinn für elektrische Geräte und Leiterplatten, als Bestandteil unterschiedlichster Legierungen und als elektrischer Leiter in LC-Displays unverzichtbar.
Die Ausstellung »ZINN & SEIN. Eine archäologische Spurensuche im Erzgebirge« stellt Forschungs-ergebnisse des Projektes vor und setzt diese in gesellschaftliche, kulturelle, wirtschaftliche oder historische Zusammenhänge.
ZINN & SEIN ist als Wanderausstellung modular und multimedial konzipiert und aufgebaut. Dies geschieht in insgesamt fünf Themenbereichen, in denen unter anderem mit acht teilweise interaktiven Medienstationen die vielfältigen Facetten des erzgebirgischen Zinnbergbaus erkundet werden können. Geologisch gehört das Erzgebirge zu den komplexesten Gebirgen der Welt. Einleitend wird zunächst gezeigt, wie sich während seines Hunderte Millionen Jahre andauernden Entstehungsprozesses Zinn- und andere Erzlagerstätten bildeten, die viel später die Grundlage für die wirtschaftliche und kulturelle Blüte Sachsens bildeten.
Kleinste Spuren suchen und Ergebnisse sichern. Im zweiten Themenbereich können BesucherInnen eintauchen in die faszinierende Welt unterschiedlicher Forschungsmethoden, die im Projekt eingesetzt wurden. Was sehen beispielsweise PollenforscherInnen im Mikroskop? Welche Aussagen lassen sich davon für Umwelt, Klima und menschliche Einflüsse zu bestimmten Zeiten ableiten? Wie genau funktioniert die Datierung über Jahrringkurven alter Bäume und Hölzer? Hier stellen acht Filme das Methodennetzwerk rund um die Montanarchäologie vor.
Zinn und Mensch stehen im Fokus des dritten und größten Ausstellungsbereiches. Hier geht es um die Rolle des Menschen und seinen Einfluss auf den von ihm bewältigten Zinnbergbau, die aufwendige Weiterverarbeitung entlang der Wertschöpfungskette bis hin zum finalen Handelsprodukt. Aus der wirtschaftlichen Bedeutung des Zinnhandels entwickelten sich in der Bronzezeit und im Mittelalter neue soziale und wirtschaftliche Macht- und Handelsstrukturen.
Wasser ist gleichermaßen Freund und Feind der Bergleute. Das Thema des vierten Bereiches darf auch im Zusammenhang mit dem Zinnabbau nicht fehlen. Durch künstlich angelegte Gräben herangeführt, unterstützte Wasser seit der Bronzezeit die Abbau- und Aufbereitungsprozesse in den Zinnseifen. Die Bedrohung durch eindringendes Wasser im Tiefbau löste eine Erfindung aus Ehrenfriedersdorf. Von Georgius Agricola in seinem berühmten Werk »De re metallica« 1556 ganz genau beschrieben, revolutionierte das »Ehrenfriedersdorfer Kunstzeug« den Bergbau weltweit. Nun war es möglich, ständig nachsickerndes Wasser auch aus immer größerer Tiefe aus den Bergwerken zu pumpen.
Mit Zahlen zum aktuellen weltweiten Zinnbedarf, Abbau und dem Thema Zinnrecycling schlägt die Ausstellung im Epilog noch einmal den Bogen in die Gegenwart und Zukunft und unterstreicht damit den Anspruch von ArchaeoTin, als Projekt von strategischer Bedeutung, neben der grenzübergreifenden Zusammenarbeit und der Förderung der touristischen Attraktivität der Welterberegion Erzgebirge, auch das öffentliche Rohstoffbewusstsein zu fördern.
Das ArchaeoTin-Projekt wird mit 3,5 Millionen Euro aus dem EU-Interreg Programm Sachsen-Tschechien mit EFRE-Mitteln gefördert.
Öffnungszeiten der Ausstellung: Di-So, Feiertage 10.00 – 16.00 Uhr. 24.12, 25.12, 31.12 und 1.1.2026 geschlossen. Eintritt 7 €; ermäßigt 5 €.