Jetzt wird der Meißner OB-Wahlkampf doch noch schmutzig. Die drei Kandidaten hatten sich ja angeblich auf die Hand versprochen, fair miteinander umzugehen. Doch zumindest ihre Anhänger halten sich nicht daran.
Es geht vor allem um den Kandidaten der AfD Rene Jurisch. Die Sächsische Zeitung hat jetzt eine Reportage über ihn veröffentlicht. Ein mehrstündiger Spaziergang mit dem OB-Kandidaten durchs Triebischtal und die Meißner Innenstadt. Die Reporterin lässt ihn erzählen, andere sprechen eher lobendes über ihn und seine NPD-Vergangenheit kommt ebenfalls zur Sprache. Ein ganz normaler journalistischer Text, kein Heldenporträt, man spürt die Distanz, aber auch kein Beitrag mit Schaum vorm Mund geschrieben vor lauter aktivistischen Übereifer, das böse Tun der AfD zu entlarven.
Dieser Tage sprach ich über dieses Thema mit einem Oberbürgermeister aus der Region - den Namen lassen wir mal beiseite -, der nichts mit der AfD am Hut hat. Im Gegenteil, er ist ihr politischer Gegner. Doch er sagte mir, dass er sich über diesen Beitrag gefreut hat. Endlich mal wird die AfD als Teil des politischen Systems ernst genommen, ihr Akteur zu seinem Tun und seinen Plänen befragt. So etwas hatte er bislang beim Studium der Zeitung vermisst.
Der linke Flügel sieht das gänzlich anders. Gerade kursiert ein unappetitliches Flugblatt über Jurisch in der Stadt. Auf AfD-Wahlplakaten wurde aus "Aus Meißen - Für Meißen" kurzerhand ein "Aus Scheiße - Für Scheiße" gemacht und auf Mauern steht Jurisch in die Elbe oder FCK Jurisch. Eine lebhafte Debatte auf Social Media über den Beitrag der Sächsischen Zeitung gipfelte in der Frage: Darf man mit einem Rechtsextremisten mal einfach so durch Meißen spazieren?
Meine Antwort darauf ist ein klares Ja. Man muss es sogar, wenn der Journalist seinen Auftrag - unvoreingenommen zu informieren und Hilfe zur Meinungsbildung zu geben - ernst nimmt. Die SZ ist ja nicht mit Jurisch allein durch Meißen spaziert, sondern mit allen drei Kandidaten. Es gab also drei große Beiträge zum Vergleichen der Positionen. Die Spielregeln waren genau gleich: zwei bis drei Stunden, Route und Orte der Gespräche wählen die Kandidaten selbst. Insofern ist nicht die SZ ist mit den Kandiaten spazieren gegangen, sondern der Kandidat mit der SZ, was viel über ihn und seine Prioritäten aussagen sollte. Ein Journalist ist kein Wahlhelfer einer bestimmten Richtung, sondern sollte seinen Lesern nur zeigen, wo es lang gehen könnte.
Ein Blogger ist da etwas ganz anderes. Ein Blogger ist zumeist einer bestimmten Sache getreulich verschrieben, die er aktivistisch gegen alle Feinde nach vorn treiben möchte. So wundert es nicht, dass es auch auf dieser Plattform Kritik gab. Lukas Breuer überschlägt sich mit Nazi-Vergeichen und Rechtsextremismus-Behauptungen. Er findet es sehr bedenklich, solchen Leuten wie Jurisch eine Plattform zu bieten. Aber ist denn Jurisch ein Rechtsextremist oder sogar ein Nazi? Wer legt so etwas fest?
Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass auch die rechte Seite zurückschießt. Die berühmt-berüchtigte Plattform Compact hat einen jungen aktivistischen Reporter nach Meißen geschickt, um ordentlich Stimmung gegen das linke Lager und für Jurisch zu machen. Heraus kam ein Youtube-Video mit schönen Bildern, aber eher dünnen und fragwürdigem Inhalt.
Gewählt wird am 7. September. Wir werden sehen, wem die ganze Aufregung nützt und wem sie schadet.
Transparenzhinweis: Die Autorin des SZ-Beitrages Ines Mallek-Klein ist die Ehefrau des Kommentators.