Alt-Bundespräsident Joachim Gauck plädiert dafür, Probleme, die im Zusammenhang mit Einwanderung auftreten, klar zu benennen. «Deutschland ist ein Einwanderungsland, das finde ich okay», sagte der 83-Jährige am Donnerstag auf der Leipziger Buchmesse. «Aber ich sehe auch, dass in bestimmten Krisensituationen (...) eine Überforderung eintritt, oder dass nicht kommuniziert wird, wie wir das schaffen.» Dann entstehe eine Verunsicherung in Teilen der Gesellschaft. Das sei eine politische Realität, mit der man umgehen müsse.
Gauck stellte auf der Buchmesse sein neues Buch «Erschütterungen. Was unsere Demokratie von außen und innen bedroht» vor, das er gemeinsam mit der Publizistin Helga Hirsch geschrieben hat. Darin setzen sie sich sowohl mit außenpolitischen wie auch innenpolitischen Entwicklungen auseinander.
«Als Bundespräsident pflegte ich zu sagen: Vielfalt ist Gewinn», sagte Gauck. Dennoch müsse man die Problemzonen beschreiben, und diese Debatte dürfe man nicht den politischen Rändern überlassen. «Ich möchte, dass wir in der Mitte der Gesellschaft die Probleme benennen», sagte Gauck.
Außenpolitisch spricht sich der Alt-Bundespräsident ebenso wie Hirsch für Waffenlieferungen an die Ukraine aus. Der russische Präsident Putin habe sich zum Feind gemacht, und wenn man jetzt in Deutschland Ja zur Aufrüstung sage, sei dies ein Zeichen, dass man nicht von einem Okkupanten überzogen werden wolle. Pazifismus als Maßstab politischen Handelns sei seiner Meinung nach «unverantwortlich».
Hirsch wies darauf hin, dass der Nato-Bündnisfall eintrete, wenn Russland weitergehe und etwa das Baltikum angreife. Die Frage, was Deutschland dann mache, sei nicht ausdiskutiert. «Ich hoffe, dass dieser Fall nie eintritt, indem Deutschland mehr Waffen an die Ukraine liefert», sagte Hirsch.
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