Der Diesel-Abgasskandal spielt kaum noch eine Rolle vor Gericht in Sachsen. «Nach sechs Jahren geht es dem Ende zu», sagte Leon Ross, Präsident des Oberlandesgerichts (OLG) Dresden. 2024 kamen nur noch 136 Fälle am OLG dazu, weniger als ein Drittel des Vorjahres. Fast 1.100 Verfahren wurden erledigt, 30 sind noch anhängig. «Wir haben das Thema abgearbeitet und nun hoffentlich Raum für anderes.»
Abgesehen davon blieben die Eingangszahlen am OLG in Zivilsachen nahezu unverändert gegenüber 2023. Bei den Land- und Amtsgerichten indes gab es laut Ross eine «deutliche Steigerung». So gingen allein bei den Amtsgerichten 1.350 Zivilverfahren mehr ein. Eine richtige Erklärung dafür gebe es nicht. In wirtschaftlich schweren Zeiten werde vielleicht erbitterter gestritten.
Die Zahl der Revisionen in Strafsachen am OLG nahm ab, ebenso wie erstinstanzliche Verfahren an Amtsgerichten. Mehr neue Fälle gab es indes in Strafsachen bei den Landgerichten, darunter auch mehr Berufungen.
Größte Herausforderung bleiben der Generationenumbau und die Gewinnung qualifizierten Nachwuchses. 2024 traten 59 Richter in den Ruhestand und damit 9 Prozent der Richterschaft. 35 wurden neu ernannt. «Das ist schon ein Einschnitt und die Entwicklung wird sich weiter beschleunigen», sagte Ross. Er rechnet mit einer Halbierung in sechs bis sieben Jahren. Und die Nachbesetzung freier Stellen gehe nicht so schnell wie gewünscht. Bei einigen Gerichten gebe es bereits erhebliche Besetzungslücken.
Rekordzahlen in der Ausbildung
Mit 312 wurden aber so viele Referendare eingestellt wie in den letzten 20 bis 25 Jahre nicht mehr, sagte Ross. Momentan 660 Referendare seien ein neuer Höchstwert. Und etwa 40 Prozent von ihnen machten die erste juristische Prüfung in einem anderen Bundesland. Das spreche für den guten Ruf des Rechtsreferendariats in Sachsen, «das ist ein echtes Erfolgsmodell». Auch die Zahl der Rechtspflege- und Justizsekretärsanwärter ist mit insgesamt 327 ein Spitzenwert.
Aber auch mit den derzeit gut 1.000 jungen Menschen in Ausbildung bei der sächsischen Justiz ist es angesichts der hohen Abgangszahlen schwierig, die Vakanzen auszugleichen, wie Ross erläuterte. «Die Besetzungslücken erschweren uns die Arbeit.» Und wenn die hohen Eingangszahlen bei den Staatsanwaltschaften anhalten, sei ein starker Zuwachs bei den Strafgerichten zu erwarten. «Wir wollen und müssen weiter in dem Umfang ausbilden sowie technisch auf der Höhe der Zeit blieben, dann sind wir auf einem guten Weg.»
Digitalisierung der Justiz im Plan
Beim Thema Digitalisierung liegt die Justiz laut Ross im Plan. In fast allen Bereichen sei die elektronische Verfahrensakte eingeführt, die Vollständigkeit werde bis Jahresende erreicht. Bisher arbeiten 17 Gerichte damit. Und auch in der Verwaltung wird es zunehmend papierlos - die letzten sechs Gerichte beginnen am kommenden Montag mit der E-Verwaltungsakte.
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