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Rechtsmediziner: Baby war voll entwickelt und hat gelebt

Ein Justizmitarbeiter schließt die Tür zu einem Verhandlungssaal. Foto: Patrick Pleul/zb/dpa/Symbolbild
Ein Justizmitarbeiter schließt die Tür zu einem Verhandlungssaal. Foto: Patrick Pleul/zb/dpa/Symbolbild

Das vor gut einem Jahr tot in einer verwahrlosten Wohnung in Plauen gefundene Baby hat nach der Geburt gelebt. Das Mädchen sei voll entwickelt gewesen und habe «aktiv geatmet», erklärte der Rechtsmediziner Hans-Peter Kinzl mit Verweis auf Untersuchungen des Lungengewebes am Landgericht Zwickau. Dort ist die Kindsmutter des Totschlags angeklagt. Die 31-Jährige berichtete am Dienstag vor Gericht von der Geburt in ihrer Wohnung im Januar 2020. «Die Kleine war blau, hat keine Reaktion gezeigt und auch nicht geschrien», sagte die 31-jährige Deutsche schluchzend. Was nach der Geburt genau geschah, wisse sie nicht mehr, sagte sie.

Rettungskräfte hatten die Babyleiche in einem Schrank unter Wäschestücken gefunden. Laut Anklage soll die damals drogenabhängige Frau das Kind am 12. Januar zu Hause lebend zur Welt gebracht, abgenabelt und in den Schrank gelegt haben.

«Die Todesursache ist Sauerstoffmangel», erklärte Rechtsmediziner Kinzl. Wie es genau dazu kam, konnte seinen Angaben zufolge nicht genau geklärt werden. Die Nabelschnur sei glatt - möglicherweise mit einem Messer oder einer Schere - durchtrennt worden. Auch wurde das Neugeborene nach der Geburt gereinigt und zwischenzeitig umgelagert. Anhand von Totenflecken sei zu erkennen, dass es eine Weile auf dem Bauch gelegen haben muss, gefunden wurde es in Rückenlage. Dass die Mutter von der Geburt unvermittelt überrascht, gar eine Sturzgeburt erlebt hat, schloss Kinzl aus. Es habe sich den Schilderungen nach um eine normale Geburt mit Wehen über mehrere Stunden gehandelt.

Die zweifache Mutter hatte zuvor ausgesagt, sie sei an jenem Sonntag beim Duschen von der plötzlichen Geburt überrascht worden, während eines ihrer Kinder nebenan spielte. Kurz zuvor sei sie noch wegen einer starken Erkältung beim Arzt gewesen. Sie habe plötzlich den Kopf des Kindes gespürt und es dann «vorsichtig herausgezogen», schilderte sie. «Ich habe es so empfunden, dass ich die Kleine tot entbunden habe.» Was danach passiert sei, wisse sie nicht mehr - erst Tage später sei sie auf der Intensivstation im Krankenhaus zu sich gekommen. «Ich bin keine eiskalte Mutter», beteuerte die Angeklagte.

Doch der Vorsitzende Richter Klaus Hartmann äußerte Zweifel an ihrer Version. Er verwies auf den Inhalt mehrerer Textnachrichten, die sie an dem Nachmittag nach der von ihr geschilderten Geburt verschickt hatte. «Das ist kein Ausdruck einer Ausnahmesituation, die davor stattgefunden hat», betonte Hartmann. Es leuchte ihm auch nicht ein, warum sie das Baby im Schrank versteckt habe, wenn es eine Totgeburt gewesen sei. «Es ist sehr zweifelhaft, dass wir das glauben können», sagte er. Die 31-Jährige blieb jedoch nach einer Bedenkzeit und Rücksprache mit ihrem Verteidiger bei ihrer Darstellung.

Für den Prozess sind derzeit drei weitere Verhandlungstage geplant - der nächste am 22. Februar.

Quelle: dpa - Deutsche Presse-Agentur GmbH