Die NPD kann dem Dresdner Politologen Steffen Kailitz kritische Äußerungen nicht verbieten lassen. Eine entsprechende Klage der rechtsextremistischen Partei gegen den Totalitarismusforscher des Hannah-Arendt-Instituts wies das Landgericht Dresden am Freitag ab. Konkret ging es um die Aussage, die NPD «plane rassistisch motivierte Staatsverbrechen und wolle acht bis elf Millionen Menschen aus Deutschland vertreiben, darunter mehrere Millionen deutscher Staatsbürger mit Migrationshintergrund».
«Wir sind zu der Überzeugung gelangt, dass es sich hier nicht um eine Tatsachenbehauptung handelt», sagte der Kammervorsitzende Christoph Wittenstein. Vielmehr sei es eine durch das Grundgesetz geschützte Meinungsäußerung, und die werde «nicht auf ihren Wahrheitsgehalt geprüft».
Im Übrigen habe das Bundesverfassungsgericht diese Äußerungen Kailitz' in seinem Urteil im NPD-Verbotsverfahren - bei dem der Politologe als Gutachter aufgetreten war - schon als nachvollziehbar eingeschätzt. «Auch das ist für uns ein Grund gewesen, die Entscheidung in der vorliegenden Weise zu tätigen.»
Zwar habe Karlsruhe die NPD nicht verboten. Dennoch hätten die obersten deutschen Richter im Januar die Verfassungsfeindlichkeit der Partei festgestellt. Daraus ergebe sich auch, dass die freie Rede im Zusammenhang mit der Beurteilung der Partei zu schützen sei.
Während kein Vertreter der NPD bei der Urteilsverkündung zugegen war, nahm Kailitz den Spruch persönlich entgegen - wenig überrascht. «Wir haben in Deutschland immer noch geltend Wissenschafts- und Meinungsfreiheit. Insofern war schon davon auszugehen, dass ein Urteil eigentlich auch nur so ausgehen kann.»
Es sei ihm wichtig gewesen, «einen Abschluss in dieser Geschichte zu finden», sagte Kailitz. Als er vor einem Jahr im vorläufigen Rechtsschutzverfahren eine Einstweilige Verfügung bekommen habe, «bin ich aus allen Wolken gefallen. Das hätte ich in dieser Form in einem Rechtsstaat nicht für möglich gehalten.»
Dem NPD-Antrag auf Erlass der Verfügung hatte der umstrittene Richter und AfD-Politiker Jens Maier zunächst stattgegeben und Kailitz die Wiederholung der Ergebnisse seiner wissenschaftlichen Arbeit verboten - was bundesweit für Empörung sorgte. Später zog die NPD den Antrag selbst zurück und strengte das Hauptsacheverfahren an.
Maier war im Januar die Zuständigkeit für Presse- und Medienfragen am Landgericht entzogen worden, nachdem er auch mit Äußerungen zu einem angeblichen «Schuldkult» der Deutschen und der Herstellung von «Mischvölkern» durch Zuwanderung für Negativschlagzeilen gesorgt hatte. Die NPD hatte wegen der Umbesetzung der Kammer eine sogenannte Besetzungsrüge beantragt, weil sie sich um den gesetzlichen Richter - also um Maier - betrogen fühlte. Auch dies wurde vom Landgericht nun zurückgewiesen.
Anders als die NPD zeigte sich Kailitz erfreut, dass Maier an der Entscheidung nicht mehr beteiligt war. «In seinen Beschlüssen hat er keinen Zweifel daran gelassen, in welche Richtung ein Urteilsspruch von seiner Seite gegangen wäre. Das heißt, er hätte inhaltlich dem Ansinnen der NPD stattgegeben.»
Gegen das Urteil ist Berufung beim Oberlandesgericht möglich.
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