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Millionen für die Braunkohle-Städte: Trotzdem viel Frust

Fördermittel vom Bund sollen Sachsen helfen, den Kohleausstieg zu bewältigen. Das Geld fließt auch in kommunale Projekte - doch der Geldsegen sorgt mancherorts nicht nur für Freude.

Das Rennen um die Kohlemillionen des Bundes ist eröffnet - doch bislang ist bei den Kommunen in Sachsen noch kein Geld angekommen. Vielerorts ist der Ärger groß, weil Verfahren zu aufwendig seien, wie eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur unter den Bürgermeistern der betroffenen Gemeinden ergeben hat.

An Ideen, wie das Geld vor Ort genutzt werden könnte, mangelt es nicht. Viele der Kommunen hoffen etwa auf neue Kindergärten, sanierte Schulen oder Straßen. «Am Anfang dachten alle, dass es viel Geld gibt», sagt Bürgermeister Matthias Seidel (CDU) aus Malschwitz. Er ist inzwischen ernüchtert - wegen einer Überarbeitung der Förderrichtlinien. Die sehen vor, dass kommunale Projekte möglichst Arbeitsplätze schaffen sollten, um Chancen auf Strukturwandel-Gelder zu haben.

«Wo haben die Kommunen schon Aufgaben, bei denen Arbeitsplätze entstehen?», sagt Seidel. Mit dem Fördergeld könne man ein Gewerbegebiet planen, aber keine Straßen. Seine Kommune habe bislang noch keine Anträge gestellt - zu aufwendig, sagt er. «Die Bürgermeister in den anderen Gemeinden holen sich gerade reihenweise blutige Nasen.»

In Groitzsch, rund 200 Kilometer weiter westlich im Mitteldeutschen Revier, ist die Stimmung weniger düster. Doch auch hier bemängelt Bürgermeister Maik Kunze (CDU) die Bedingungen der Förderung. «Man versucht auf Krampf, Anträge zu stellen», sagt er. Seine Kommune hat inzwischen ein Projekt gefunden, das es für förderfähig hält: Die Sanierung einer Sport- und Kultureinrichtung. «Um die Einrichtung zu erhalten, müssen wir sie dringend sanieren. Sonst müssen wir schließen und die Arbeitsplätze fallen weg», sagt Kunze. Dennoch sei die Bürokratie eine Zumutung. «Wir können nicht wie Behörden den ganzen Tag Anträge bearbeiten, wir haben andere Aufgaben», sagt er.

Dem sächsischen Regionalentwicklungsministerium ist die Kritik längst bekannt. Von dort heißt es, dass Kitas oder Turnhallen durchaus gefördert werden könnten. Allerdings seien die Mittel nicht prioritär darauf ausgerichtet, «sondern darauf, den Wandel in den Regionen durch die Schaffung neuer Wertschöpfungsketten zu sichern.»

Tatsächlich finden sich mehrere Kitas oder Schwimmbad-Sanierungen auf die Liste der Projekte, die bereits die Regionalen Begleitausschüsse passiert haben. Für 54 kommunale Projekte, die von den Ausschüssen bewilligt wurden, gab der Bund gerade grünes Licht. Die Kommunen sollen bis Mitte Oktober finale Förderanträge stellen, damit schnell Geld fließt, teilte das Regionalentwicklungsministerium am Freitag mit.

Das Ministerium betont, dass die Überarbeitung der Förderrichtlinie ein sehr positives Echo nach sich gezogen habe. Positiv gestimmt ist etwa der Bautzener Oberbürgermeister Alexander Ahrens (SPD). Seine Angst sei es gewesen, dass viele Kommunen «Schubladenprojekte» in die Strukturwandel-Förderung einbringen würden - also Straßen oder Schulen, die ohnehin längst gebaut werden sollten, sagt er. «Ich finde es grundsätzlich richtig, wenn man sich auf Projekte konzentrieren will, die Arbeitsplätze schaffen sollen.»

Dennoch verstehe er den Ärger vieler Kollegen. «Da gibt es ein großes Maß an Frust und Unzufriedenheit, weil viele Gemeinden ermuntert wurden von Landesstellen, mehr Fördergelder zu beantragen für Turnhallen oder andere Förderprojekte», sagt er. Hinterher sei die Ansage gewesen, dass genau solche Projekte doch nicht förderfähig seien. «Wir hatten das Gefühl, dass in Dresden die linke Hand nicht wusste, was die rechte machte», sagt er. Das seien aber Kinderkrankheiten, die bei Projekten dieser Größe erklärbar seien. «Für die Kommunen ist das allerdings ärgerlich und zeitaufwendig.»

Zur Kritik am bürokratischen Aufwand der Förderanträge heißt es vom Regionalentwicklungsministerium, dass man beim Ablauf der Verfahren an die Vorgaben des Bundes gebunden sei. Es sei verständlich, dass der Bund genaue Kriterien vorgebe, da es sich um enorme finanzielle Mittel handele. «Natürlich wird der Förderprozess, wie bei allen Förderprogrammen, auch regelmäßig evaluiert und wenn erforderlich auch angepasst werden.»

Darauf hofft Holger Schulz (CDU), Bürgermeister in Zwenkau. Er wünsche sich, dass die Förderung pragmatischer und unbürokratischer werde. Gleichzeitig sei er optimistisch, dass die Region den Wandel nach der Kohle bewältige. «Wir haben hier schon einmal einen Strukturwandel geschafft, das schaffen wir auch dieses Mal», sagt er. Wie hilfreich die Förderung dabei sei? Das stehe in den Sternen, sagt Schulz.

Strukturstärkungsgesetz

Regionaler Begleitausschuss Mitteldeutsches Revier

Regionaler Begleitausschuss Lausitz

Mitteilung Regionalministerium (Freitag)

Quelle: dpa - Deutsche Presse-Agentur GmbH

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