Die geplante Reform der Schuldenbremse in Sachsen ist vom Tisch. Die CDU-Fraktion im Landtag sprach sich in einem Beschluss gegen das Vorhaben aus und erntete am Donnerstag dafür viel Kritik. Über das Entscheidung der Unionsfraktion hatte zuerst die «Sächsische Zeitung» berichtet.
«Der Beschluss der CDU-Fraktion ist ein Fehler, der Sachsen noch teuer zu stehen kommt», sagte SPD-Fraktionschef Dirk Panter. Es wäre aus seiner Sicht an der Zeit gewesen, untaugliche Regelungen anzupassen. «Leider dominiert bei vielen Kollegen der CDU noch die fundamentalistische Finanzpolitik des letzten Jahrtausends. Wirklich generationengerechte Politik sorgt dafür, dass in die Zukunft investiert wird.» Die SPD wolle weiter Druck machen, damit das Thema nicht unter den Tisch falle.
Sachsen hatte 2020 erstmals seit 2006 wieder Schulden gemacht. Der Landtag ermächtigte die Regierung, zur Bewältigung der Pandemie- Folgen Kredite von bis zu sechs Milliarden Euro aufzunehmen. Nach den gesetzlichen Vorgaben in der Verfassung müssen diese Kredite in nur acht Jahren zurückgezahlt werden. Nach zwei tilgungsfreien Jahren ist die erste Tranche in diesem Jahr fällig. Die CDU-Koalitionspartner Grüne und SPD waren genau wie die Linken dafür, die Rückzahlungsfrist zu erhöhen. Dazu hätte aber die Verfassung geändert werden, wofür eine Zwei-Drittel-Mehrheit erforderlich ist.
«Es war absehbar, dass sich die CDU-Fraktion so entscheidet. Mit der Unbeweglichkeit der größten Koalitionspartnerin in Modernisierungsfragen mussten wir von Anfang an umgehen, nicht nur bei finanzpolitischen Fragestellungen. Das hat mit konservativ nur wenig zu tun – Verhindern ist hier Programm», erklärte Grünen-Fraktionschefin Franziska Schubert. Ihrer Partei gehe es nicht vorrangig um die Tilgungsdauer. «Uns geht es um eine Anpassung der sächsischen Schuldenbremse – die wirtschaftliche Konjunktur soll zukünftig berücksichtigt werden, um realistische Einnahmeprognosen treffen zu können.»
Der Chef des Deutschen Gewerkschaftsbundes in Sachsen, Markus Schlimbach, sagte: «Mit seiner einmalig strengen Schuldenbremse hat Sachsen einen Klotz am Bein, der künftige Generationen noch teuer zu stehen kommen wird.» In den kommenden Jahren müsse in Sachsen viel investiert werden. «Moderne Bildung, Digitalisierung, Energiewende, ein moderner, flächendeckender Nahverkehr – all das wird nicht aus der Portokasse bezahlt. Aufgeschobene Investitionen sind eine Belastung für künftige Generationen. All das spielt offensichtlich keine Rolle, wenn man an finanzpolitischen Dogmen festhalten will.»
Die CDU-Fraktion pochte dagegen auf eine «verantwortungsvolle Finanzpolitik». Die bisherigen Regelungen hätten sich als krisenfest erwiesen, daher bestehe derzeit keine Veranlassung zur Änderung der Verfassung in diesem Punkt, erklärte CDU-Finanzexperte Jan Löffler. «Eine Verfassung ändert man nicht ohne Not. Insbesondere darf sie nicht zum Spielball parteipolitischer Interessen gemacht werden, wie es die SPD offenbar anstrebt.»
Nach Ansicht von Löffler verspricht sich die SPD durch eine Änderung der Verfassung ein «leichteres Schuldenmachen» und erhofft sich so «den schnellen Euro für zusätzliche Ausgaben». «Politik auf Pump scheint die neue Parteilinie der sächsischen SPD. Schulden müssen getilgt werden. Für sozialdemokratische Träumereien müssten unsere Kinder und Enkelkinder bezahlen. Dies ist unsolidarisch.»
Linke-Fraktionschef Rico Gebhardt sagte: «Die Koalition trägt ihren Streit weiter öffentlich aus. Für mich heißt das: Auch in dieser Wahlperiode wird die Verfassung an dieser Stelle nicht modernisiert. Das ist ein großes Versäumnis, denn dieses Instrument bringt mehr Schaden als Nutzen.» Die CDU stoße so auch ihre Koalitionspartner vor den Kopf.
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