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Diakonie-Chef sieht sozialen Frieden gefährdet

Der sächsische Diakonie-Chef Dietrich Bauer sieht den sozialen Frieden in Deutschland gefährdet. / Foto: Sebastian Kahnert/dpa
Der sächsische Diakonie-Chef Dietrich Bauer sieht den sozialen Frieden in Deutschland gefährdet. / Foto: Sebastian Kahnert/dpa

Deutschland gibt viele Milliarden Euro für Investitionen in Infrastruktur und Verteidigung aus. Zu wessen Lasten könnte das gehen? Sorgen um einen Sozialabbau sind groß.

Der sächsische Diakonie-Chef Dietrich Bauer sorgt sich um den sozialen Frieden in Deutschland. Anlass sind die Milliarden-Investitionen des Bundes über ein Sondervermögen für Infrastruktur und Verteidigung und die damit verbundene Debatte um möglichen Kürzungen sozialer Leistungen. «Der Sozialstaat trägt dazu bei, dass der soziale Frieden erhalten bleibt. Allein durch die Diskussion um einen Sozialabbau wird dieser Frieden gefährdet», sagte der 65-Jährige der Deutschen Presse-Agentur in Dresden.

Bauer hält die Argumentation für falsch, wonach zunächst die Wirtschaft brummen müsse, um Geld zu verdienen und es ausgeben zu können. «Der Sozialstaat selbst trägt zur wirtschaftlichen Prosperität bei. Man kann nicht einfach sagen, die Wirtschaft hat das Prä und erst dann kommt das Soziale. Das sind vielmehr miteinander kommunizierende Röhren.» Wenn es etwa keine Kitas in Wohnortnähe gäbe, dann könnten junge Eltern gar nicht in dem Maße arbeiten und zum Wohlstand des Landes beitragen.

Große Spanne zwischen Armut und Reichtum in Deutschland

«Deutschland gehört zu den Ländern, in denen es die größte Spanne zwischen Armut und Reichtum gibt. Millionäre wiederum tragen relativ gesehen am wenigsten dazu bei, dass der Sozialstaat ausgestattet wird. Das finde ich sehr problematisch», sagte der Oberkirchenrat. Vielmehr trage vor allem der Mittelstand den Sozialstaat und finanziere so eine der Grundfesten des sozialen Friedens, der die Bundesrepublik auch reich gemacht habe. Es gehe darum, die Finanzierung gerechter zu verteilen.

Bauer zufolge ist genug Geld in Deutschland vorhanden. Im Wesentlichen werde hierzulande die Lohnarbeit besteuert. «All die anderen Möglichkeiten, zu Geld zu kommen, etwa vererbtes Geld und Vermögen, werden so gut wie gar nicht berücksichtigt. Das ist wirklich ein Problem, weil es im Grunde genommen ein Besteuerungsmodell des 19. Jahrhunderts ist.» Mittlerweile gebe es viele Arten, Geld zu verdienen. «Es muss eine gerechte Besteuerung aller Einkommensarten geben.»

Reiche in Finanzierung des Sozialstaates einbeziehen

«Die Diakonie hat nichts gegen reiche Menschen. Wir sind nur dafür, dass auch diejenigen, die viel Geld haben, angemessen in die Finanzierung einbezogen werden», stellte Bauer klar. Ängste, wonach Reiche Deutschland dann scharenweise verlassen könnten und Geld abwandert, hält er für unbegründet. Schließlich sei die Bundesrepublik ein Land, in dem man sehr gut leben könne, in der Menschen eine gute Bildung erhielten und ein gutes Gesundheitswesen nutzen könnten: «Deutschland geht es wirklich gut.»

Bauer betonte: «Wir sind aber an einer Stelle angelangt, wo man sich darüber verständigen muss, wie der Sozialstaat künftig zu finanzieren ist.» Es gebe viele Gründe für die aktuelle Schieflage und nicht alle seien nur negativ. «Nehmen wir nur das Gesundheitswesen. Der medizinisch-technische Fortschritt trägt dazu bei, dass wir länger leben können. Natürlich ist das mit höheren Kosten verbunden.» Aber auch die geopolitische Lage habe mehr Ausgaben für Bereiche wie die Verteidigung zur Folge.

Schulden müssen maßvoll sein

Bauer sieht Deutschland dabei in einer gewissen Zwickmühle. Auf der einen Seite könne man die Generation der Kinder und Enkel nicht durch immer neue Schulden über Gebühr belasten. Andererseits dürfe man ihr auch keine marode Infrastruktur hinterlassen. «Wir brauchen eine Balance. Ich bin überzeugt, dass Schulden notwendig sind. Sie müssen aber maßvoll sein. Außerdem muss ihre Rückzahlung immer mitberechnet werden. Unsere Generation steht hier in der Verantwortung.»

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