Weiter Wirbel um den MDR-Rundfunkrat. Möglicherweise sitzen zwei Regierungsvertreter zu viel in dem 50-köpfigen Gremium, wie der Verein Ständige Publikumskonferenz e.V. feststellte. Die juristische Prüfung dieses Hinweises an die sächsische und thüringische Staatskanzlei läuft noch. Durch die zwischenzeitliche Beförderung der Landtagsabgeordneten Dirk Panter (SPD, Sachsen) und Maio Voigt (CDU, Thüringen) zum Minister bzw. zum Ministerpräsidenten könnte die Seite der Regierung zu stark vertreten sein. Zwar sehen das die betroffenen Staatskanzleien komplett anders, doch eine rechtliche Prüfung haben sie dennoch veranlasst. Dazu wird jetzt noch das dritte Bundesland, Sachsen-Anhalt, einbezogen.
Inzwischen macht die Ständige Publikumskonferenz einen konstruktiven Vorschlag. Da eine Nachwahl als Ersatz für die Mitglieder Panter und Voigt schwierig werden würde, denn sowohl in Sachsen als auch vor allem in Thüringen wird eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Landtag ohne die AfD nicht mehr geben. Damit ist die Nachwahl für SPD und CDU nicht sicher. Der Verein schlägt deshalb künftig die Installation von Nachrückern vor.
"Eine wesentliche Schwäche dieser Regelung liegt in der fehlenden Bezugnahme auf Nachrückverfahren und Ersatzmitglieder, was gesetzliche Lücken hinterlässt. Diese Lücken können die Funktionsfähigkeit, demokratische Legitimation und Kontinuität des Gremiums erheblich beeinträchtigen", heißt es in dem Schreiben des Vereins an die Staatskanzlei Thüringen, die aktuell für die Rechtsaufsicht über den MDR zuständig ist. Das zentrale Problem des MDR-Staatsvertrags zeige sich in der Situation, wenn ein durch den Landtag gewähltes Mitglied ausscheidet. In diesem Fall bestehe weder eine automatische Nachbesetzung noch gebe es ein vorab festgelegtes Ersatzmitglied. Dies hat zur Folge, dass eine Unterbesetzung des Rundfunkrates entstehe, der Länderproporz verzerrt werden könne, die Arbeitsfähigkeit des Gremiums eingeschränkt sein könnte, der Landtag ein vollständiges neues Wahlverfahren einleiten müsse, das oft Wochen oder Monate in Anspruch nehmen kann.
Da Rundfunkräte kontinuierlich arbeiten und wichtige Aufsichtsfunktionen ausüben, seien solche Funktionslücken als problematisch zu betrachten. Sie können nicht nur die Effizienz der Gremienarbeit stören, sondern auch das Vertrauen der Öffentlichkeit in die demokratische Legitimation der Rundfunkgremien gefährden.
Ein Vergleich mit anderen Rundfunkstaatsverträgen zeige, dass andere Rundfunkanstalten, wie z. B. der rbb und der NDR, teils Nachrückverfahren vorsehen. Diese Mechanismen haben sich als praktikabel erwiesen und verhindern Verzögerungen bei Gremienentscheidungen.
Daher schlägt der Vereine neue Fassung im Staatsvertrag vor: „Je drei Vertreterinnen oder Vertretern der Landtage, die mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der anwesenden Mitglieder des jeweiligen Landtages gewählt werden. Für jedes erst gewählte Mitglied wird im gleichen Wahlgang ein Ersatzmitglied gewählt, das bei Ausscheiden, Verhinderung oder Wegfall des oder der Erstgewählten automatisch nachrückt.“
Darüber hinaus wird ein zusätzlicher neuer Absatz eingefügt: „Scheidet ein Mitglied nach Absatz 1 Nummer 2 vor Ablauf der Amtszeit aus, tritt das dafür gewählte Ersatzmitglied für die restliche Amtszeit an dessen Stelle. Ist kein Ersatzmitglied vorhanden oder fällt dieses weg, muss der jeweilige Landtag unverzüglich ein neues Mitglied wählen. Die Nachwahl bedarf derselben Mehrheit wie die ursprünglich vorgesehene Wahl. Als Ausscheidensgrund gilt auch die Mitgliedschaft in einer Landesregierung.“
Text: Ulf Mallek