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Wohnen im Museum: Ausstellung zeigt Archäologie des Wohnens

Blick auf die Fassaden von Wohnhäusern. / Foto: Nicolas Armer/dpa/Symbolbild
Blick auf die Fassaden von Wohnhäusern. / Foto: Nicolas Armer/dpa/Symbolbild

Vom Brunnen zur Badewanne, von der Vorratsgrube zum Kühlschrank: Wie Menschen wohnen, hat sich mit der Zeit verändert. Eine neue Ausstellung in Chemnitz widmet sich daher der Wohnung als wichtigem Lebensort. Gezeigt werden auch Exponate prominenter Vorbesitzer.

Vom wohl ältesten Stuhl Sachsens ist nicht viel übrig: Wenige knochige Holzteile der Lehne sind in einer Vitrine drapiert. Sie wurden von Archäologen aus einer Abfallgrube in Zwickau geborgen und werden etwa auf das 13. Jahrhundert datiert. «Möbel haben sich in der Regel nicht erhalten, weil Holz über die Jahrhunderte verrottet», erklärt die Leiterin des Staatlichen Museums für Archäologie in Chemnitz, Sabine Wolfram. Trotzdem hat sich das Museum angeschickt, mit einer Sonderausstellung einen Blick durchs Schlüsselloch in die Wohnwelt früherer Zeiten und Kulturen zu werfen. Die neue Schau öffnet diesen Freitag für Besucher.

Das Wohnen begann, als die ersten Menschen nicht mehr im Freien übernachteten, sondern zum Schutz vor wilden Tieren in Höhlen, wie Wolfram erläutert. Neben dem Schutz kamen später weitere Funktionen wie Wärme, die Zubereitung von Essen, das Lagern von Vorräten sowie Hygiene und Körperpflege hinzu. Diesen und weiteren Themen spürt die Schau mit rund 450 Exponaten nach - manche mit prominentem Bezug.

Da ist etwa ein mit Rosen verzierter Nachttopf aus Porzellan, den Napoleon und später Kaiser Wilhelm I. benutzt haben sollen. Oder ein Küchenstuhl, selbst gebaut von Walter Ulbricht - gelernter Tischler und später Staatsratsvorsitzender der DDR. Eine aufwendige Reise hat eine mobile Kochstelle samt Topf, Pfanne und Grill aus dem antiken Griechenland hinter sich. Von der Insel Delos wurde sie den Angaben nach unter Polizeischutz erst per Fähre von Insel zu Insel und dann per Flugzeug und Lastwagen nach Chemnitz geholt. Gezeigt werden auch Mietverträge, wie sie schon in der Antike auf Papyrus oder Pergament verfasst wurden, ebenso wie das Modell einer mongolischen Wohnjurte.

Anhand von Originalen, Modellen und Repliken beleuchtet das Museum acht Themenfelder rund ums Wohnen und zeigt, wie es sich mit der Zeit verändert hat. So war die Toilette im alten Rom kein stilles Örtchen. Denn städtische Wohnungen verfügten nicht über eigene Toiletten, so dass das große Geschäft auf öffentlichen Latrinen verrichtet wurde, die auch Ort des Austauschs waren, wie die Schau illustriert. Und das Sitzen auf gepolsterten Lehnstühlen war lange Königen und Gottheiten vorbehalten - das Volk saß auf dem Boden oder einfachen Schemeln.

Die Ausstellung «Home Sweet Home» bleibt nicht in der Vergangenheit stehen, sondern schlägt den Bogen auch zu heutigen Fragen des Wohnens wie zu knappem Wohnraum in großen Städten, hohen Lebenshaltungskosten und dem Klimawandel. «Erst, wenn man seine Wohnung verliert, merkt man, wie wichtig eine eigene Wohnung ist», konstatiert Wolfram. «Sie bietet Schutz, Wärme, einen Ort, sein Hab und Gut aufzubewahren und die Möglichkeit ungestört zu schlafen.» Dass dies nicht allen Menschen vergönnt ist, spart das Museum nicht aus und zeigt dazu eine Neonskulptur der Künstlerin Fanny Allié mit dem Titel «The Glowing Homeless».

Die Ausstellung ist bis 28. April 2024 in Chemnitz zu sehen.

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