loading

Nachrichten werden geladen...

„Seid nicht gerecht, sondern gütig“

Das Wohnhaus von Bürgel in Potsdam-Babelsberg, Porträt Bürgels von Gudrun Stark und Bürgels Grab auf dem Babelsberger Goethefriedhof. Fotos/Collage: Matthias Stark
Das Wohnhaus von Bürgel in Potsdam-Babelsberg, Porträt Bürgels von Gudrun Stark und Bürgels Grab auf dem Babelsberger Goethefriedhof. Fotos/Collage: Matthias Stark

Bruno H. Bürgel, ein bedeutender Autor und Astronom des frühen 20. Jahrhunderts, bereitete zahllosen Lesern mit seinen populärwissenschaftlichen Büchern Freude am Lernen. Sein Erbe lebt in Schulen, Sternwarten und Auszeichnungen fort.

Er gehörte zu den viel gelesenen populärwissenschaftlichen Autoren, hat Millionen Menschen wissenschaftliche Erkenntnisse auf sehr unterhaltsame Weise vermittelt. Heute ist er fast vergessen.

Bruno Hans Bürgel wurde am 14. November 1875 in Berlin geboren, wuchs er in bitterer Armut als Stiefkind eines Schuhmacherehepaares in Weißensee, einem damaligen Vorort von Berlin, auf. Die ärmlichen Verhältnisse seiner Kindheit und Jugend, das Umfeld im proletarischen Berlin an der Schwelle zum 20. Jahrhunderts prägten die Weltanschauung und die Ansichten des jungen Bürgel, was später dazu führte, dass er der Sozialdemokratie nahestand. Schon früh begann Bürgel, sich für die Wissenschaft und hier insbesondere die Astronomie zu interessieren.

Ein höherer Bildungsweg blieb ihm verschlossen. So ging er zunächst in die Werkstatt seines Stiefvaters, bevor er eine Lehre als Steindrucker aufnahm, arbeitete später in einer Fabrik und erwarb sich nebenher ein umfangreiches naturwissenschaftliches Wissen. Die Faszination des gestirnten Himmels zieht sich durch fast alle seine späteren Werke. Er bewarb sich mutig um eine Stelle an der Berliner Urania-Sternwarte und wurde durch Unterstützung des damaligen Direktors dieser Einrichtung, Max Wilhelm Meyer, als Saaldiener eingestellt. Ein erster Artikel wurde in einer russischen Zeitschrift von Bruno Ha veröffentlicht. So wurde Bürgel von seinen Freunden und Bewunderern später genannt. Bereits im Jahr 1899 wird der damals Vierundzwanzigjährige freischaffender Schriftsteller. Durch Fürsprache des Direktors der Berliner Sternwarte, Wilhelm Foerster, kann Bürgel als Gasthörer an der Universität Vorlesungen besuchen.

Bestseller zur Himmelskunde

Bereits im Jahr 1910 erschien das als Hauptwerk angesehene Buch „Aus fernen Welten“, welches eine Vielzahl an Auflagen erlebte. Diese „Populäre Himmelskunde“ ist eine allgemeine Darstellung des astronomischen Weltbildes der damaligen Zeit. Viele später bekannte Wissenschaftler, wie der ehemalige Direktor der Archenhold-Sternwarte Berlin, Prof. Dietrich Wattenberg, bekannten, durch Bürgels Bücher zur Astronomie gefunden zu haben.

Bruno H. Bürgel war eine berühmte Persönlichkeit im damaligen Deutschland. Die witzigen Plaudereien über den Alltag und die populärwissenschaftliche Darstellung schwieriger Sachverhalte machten ihn zu einem gern und viel gelesenen Schriftsteller. Seine beiden Kinderbücher mit dem kauzigen Dr. Uhlebuhle als Protagonisten trugen manches zur Bildung der jungen Generation bei. In der Zeit des Nationalsozialismus wandten sich viele seiner Leser und Anhänger mit Bitten um Hilfe und Unterstützung an Bürgel. Mindestens moralisch bot er Halt und half, wo er konnte.

Von Bruno H. Bürgel erschienen insgesamt 22 Bücher mit einer Gesamtauflage von zwei Millionen Exemplaren, in denen er sich mit einer Vielzahl an Themen auf ganz unterhaltsame und humorige Weise auseinandersetzte. Er war ein Alltagsphilosoph, der den Menschen die Welt der Wissenschaft auf verständliche Weise nahezubringen verstand. Sogar einen utopischen („Der Stern von Afrika“) und einen spiritistischen Roman („Gespenster“) verfasste Bürgel. Bleibend aber sind seine Alltagsbetrachtungen in Büchern wie „Die kleinen Freuden“ oder „Hundert Tage Sonnenschein“, die ohne Einschränkungen auch heute ihre Gültigkeit besitzen.

Nach dem Krieg setzte sich Bürgel für ein neues und friedliches Deutschland ein, wird Mitbegründer des „Kulturbundes“ im östlichen Deutschland. In all seinen Büchern werden seine humanistische Weltsicht, seine Menschenliebe und sein Wissen um die Unzulänglichkeiten auf der Erde deutlich.

Noch immer verehrt

Von Bruno H. Bürgel bleiben neben den Büchern, die zum Teil in neun Sprachen übersetzt wurden, über dreitausend Zeitungs- und Zeitschriftenartikel. Er hielt etwa 2000 Vorträge in 300 Städten. Das sehr produktive Leben Bruno H. Bürgels fand am 8. Juli 1948 in Potsdam sein Ende. Sein Grab befindet sich auf dem Babelsberger Goethefriedhof.

In beiden deutschen Republiken erschienen in den fünfziger Jahren des 20. Jahrhunderts noch einmal Anthologien mit ausgewählten Texten. Acht Schulen und fünf Sternwarten tragen mittlerweile Bürgels Namen, in 18 Orten gibt es Bürgel-Straßen. Von der Astronomischen Gesellschaft wird in unregelmäßigen Abständen der nach Bürgel benannte „Bruno-H.-Bürgel-Preis“ für die Popularisierung der Astronomie vergeben.

Noch immer vermag Bruno H. Bürgel durch seine Weltsicht, denjenigen, die ihn lesen, etwas Gültiges mit auf den Lebensweg zu geben. Seiner Wiederentdeckung stünde nichts entgegen.

Tags:
  • Teilen:
METIS