Die beiden Angeklagten würdigen sich am dritten Verhandlungstag beim Prozess um den gewaltsamen Tod eines 24-Jährigen keines Blickes. Ohne große Vorrede des Richters am Landgericht Görlitz ergreift der Rechtsanwalt im Namen seines Mandanten zu Beginn das Wort - der 34-Jährige legt ein Geständnis ab. Detailliert werden Motive und das Verbrechen am 5. Februar in Görlitz geschildert. «Ich bin für alles verantwortlich, habe die Tat aber nicht geplant. Wir wollten das Geld und das Auto«, lässt der 34-Jährige am Dienstag erklären. Die zehn Jahre jüngere, mutmaßliche Mittäterin schweigt dazu.
Mit dieser Aussage wird die Anklage der Staatsanwaltschaft bestätigt. Sie wirft dem einstigen Paar gemeinschaftlichen Mord und die Planung weiterer Straftaten vor. Als Auslöser gibt der Geständige an, dass seiner damaligen Freundin das Sorgerecht für den Sohn entzogen worden sei; das Kind lebt bei seinem Vater. «Wir steigerten uns immer mehr in die Idee hinein, das Kind zu entführen und nach Tschechien abzuhauen. Um Tötung ging es zuerst nicht», heißt es. Dazu kam fast täglicher Crystal-Konsum.
Das Opfer beschreiben Zeugen, die am Dienstag aussagten, als hilfsbereit, ruhig, Drogen habe der Mann keine genommen. Außerdem habe er jedem eine zweite Chance gegeben, sagte seine Freundin bei der Befragung durch das Gericht. Diese Eigenschaften werden dem Nieskyer wohl zum Verhängnis. Die angeklagte Frau kennt er von früher. Ein paar Mal hat er ihr laut der Zeugin Geld geliehen und sie hin- und hergefahren. Gegenüber seiner Freundin soll er erwähnt haben, dass er sich ausgenutzt fühle.
Doch er gibt der mutmaßlichen Täterin eben jene zweite Chance. Mit Kurznachrichten und Anrufen lockt sie mit «ihrer überzeugenden Art Menschen zu vereinnahmen», wie der Angeklagte sagt, das spätere Opfer am 5. Februar in ihre Wohnung. Eine Stunde soll sie auf ihn eingeredet haben, erst dann kam ihr mutmaßlicher Mittäter seinen eigenen Worten zufolge dazu. Ohne sich zu wehren, setzte sich der junge Mann laut der Aussage auf einen Stuhl, ließ sich fesseln und gab sogar die Geheimzahl für seine Geldkarte heraus. Doch das Konto sei leer gewesen.
«Das brachte uns zur Verzweiflung. Ich wusste, wir können ihn nicht laufen lassen, weil er uns sonst verrät», heißt es im Geständnis. Bei den folgenden Worten müssen die Mutter des Opfers und die zahlreichen Zuschauer im gutgefüllten Gerichtssaal mit den Tränen kämpfen: Nach Angaben des Angeklagten ziehen die beiden deutschen Beschuldigten dem wehrlosen Mann eine Tüte über den Kopf und schlagen ihn mit einem Topf bewusstlos. Weitere Tüten über dem Kopf hätten sie straff mit Klebeband befestigt. Das Opfer erstickt. Laut einer Sachverständigen entsprechen die Aussagen auch dem Obduktionsergebnis.
Acht Tage nach der Tat finden Polizisten den Leichnam gefesselt auf dem Stuhl in der Wohnung. Der Vater des Opfers hatte mit einer Vermisstenanzeige eine Suchaktion ausgelöst. Das Auto seines Sohnes wird auf einem Parkplatz in Radeberg sicher gestellt.
Zu einer Entführung des Sohns der Angeklagten kommt es durch die Festnahme des einstigen Paares nicht mehr. Seitdem sitzen die beiden in Untersuchungshaft. Ein Urteil wird voraussichtlich erst im Oktober fallen.
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