Die Zahl der Verbraucherinsolvenzen in Sachsen ist im zweiten Jahr der Corona-Pandemie stark gestiegen. Wie Sozialministerin Petra Köpping (SPD) am Donnerstag im Landtag sagte, nahmen sie 2021 im Vergleich zum Vorjahr um knapp 84 Prozent zu. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes gab es im Freistaat insgesamt 3698 Verbraucherinsolvenzen. Die voraussichtlichen Forderungen beliefen sich auf knapp 150 Millionen Euro. Bundesweit hatte sich die Zahl der Verbraucherinsolvenzen im Vorjahr um 90,7 Prozent erhöht und damit fast verdoppelt.
Nach Angaben von Köpping sind die Schutzmaßnahmen der Pandemie nicht die Hauptursache. Vielmehr hätten die Regelungen zur Kurzarbeit stabilisierend gewirkt. «Dennoch wird die Situation in diesem Jahr vermutlich nicht besser», sagte die Ministerin und verwies auf die aktuell hohe Inflationsrate und steigende Kosten für Wohnungen, Verkehr, Wasser und Energie. All diese Faktoren würden besonders stark auf diejenigen wirken, die private Schulden abbauen wollen. Die Verbraucherinsolvenzberatung sei deshalb überaus stark gefragt.
Köpping zufolge sind die Verschuldungen komplexer geworden. Die Leute hätten nicht nur ein Problem, sondern oftmals mehrere. Manche seien so konsterniert, dass sie nicht mehr ihre Post öffnen aus Angst, da könnten Rechnungen drin sein. Gründe für eine finanzielle Schieflage seien oft Trennungen und Scheidungen. Auch Krankheit, Unfälle, Arbeitslosigkeit, Sucht und Konsum spiele eine Rolle. Viele kleine Kredite für den Kauf bestimmter Güter würden sich summieren. Auch gescheiterte Selbstständigkeit sei ein Thema.
Nach Angaben des Bundesamtes für Statistik steht der starke Anstieg der Verbraucherinsolvenzen auch im Zusammenhang mit einem Gesetz zur schrittweisen Verkürzung der Verfahren zur Restschuldenbefreiung von sechs auf drei Jahre. Die Regelung gilt für Verfahren, die seit 1. Oktober 2020 beantragt wurden und ermöglicht Betroffenen einen schnelleren wirtschaftlichen Neuanfang im Anschluss an ein Insolvenzverfahren. Experten gehen davon aus, dass viele überschuldete Privatpersonen ihren Insolvenzantrag zunächst zurückhielten, um von der Neuregelung zu profitieren.
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