Bei der Heute Show im ZDF ist die FDP immer wieder durch den Kakao gezogen worden. Berechtigt oder nicht, entscheidet jeder für sich selbst. In Sachsen haben die Liberalen stabile 2.100 Mitglieder. Mit einem Durchschnittsalter von 53 Jahren liegt die sächsische FDP im guten Bundesdurchschnitt. Robert Malory (37) ist stellvertretender Landesvorsitzender der Freien Demokraten in Sachsen und vergleichsweise jung, aber alles andere als naiv. Er war bereit, mit uns über Themen zu sprechen, von denen man von anderen Parteien nicht so viel hört.
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Herr Malorny, bis zur nächsten Landtagswahl dauert es noch. Erst im Sommer 2019 dürfen die Sachsen wieder an die Urne. Wir fragen uns, was macht eigentlich eine Partei den lieben langen Tag, die im Moment keine Regierungsverantwortung in Sachsen hat? Hier nun die Fragen, von denen wir überzeugt sind, dass sie besonders die jungen Menschen interessieren.
Sind Sie bereit?
Malorny: Ich und wir sind 24/7 bereit. Zwar ist 2019 noch etwas hin, aber bereits im nächsten Jahr in 2017 steht die Bundestagswahl an. Nicht nur in Regierungsverantwortung kann man mitgestalten, wir haben auch zu Zeiten, als wir schon einmal im Freistaat APO (Anm.: Außerparlamentarische Opposition) waren, mitgestaltet. Da passiert auch heute nach wie vor in den Orts- und Kreisverbänden so einiges vor Ort, direkt mit den Bürgern zusammen. Des Weiteren stellen wir seit Jahrzehnten zahlreiche kommunale Mandatsträger, aktuell hat die FDP Sachsen zum Beispiel 38 Bürgermeister in ihren Reihen und weit über 300 Sitze in Gemeinde-, Stadt- und Kreisräten.
In der Schweiz dürfen die Menschen direkt mitentscheiden, wenn es zum Beispiel um das Thema bedingungsloses Grundhalt geht. Ein Thema mit großer gesellschaftlicher Bedeutung. Die Schweizer haben es letztlich abgelehnt. Hieraus ergeben sich zwei Fragen.
Hätte direkte Demokratie in Deutschland eine Chance?
Malorny: Direkte Demokratie in ihrer Gesamtheit und thematischen Breite ist ein riesiger Themenkomplex. Eine einfache „Ja-Nein-Antwort“ gibt es hierbei meiner Meinung nach nicht. Grundsätzlich sind wir für das höchste Maß an möglicher Beteiligung und vor allem Transparenz von politischen Entscheidungsprozessen, wir trauen dem Bürger einfach mehr Teilhabe zu als er jetzt wahrnehmen kann und andere Parteien ihm zugestehen. Wir wollen den Bürgern mehr Einfluss geben, durch konkrete Mitwirkungsrechte ihr eigenes Land zu gestalten. Dazu gehören insbesondere niedrige Quoten bei Bürgerentscheiden und -begehren und vereinfachte elektronische Bürger-Petitionen. Hier liegt ein riesiges Potenzial in Sachen direkter Beteiligung. Wichtig ist aber auch, dass Wahlbeteiligungen wieder steigen, denn das ist die wichtigste aller Beteiligungsmöglichkeiten.
Was sagt die FDP Sachsen zum Thema bedingungsloses Grundgehalt?
Malorny: Die Bundes-FDP hat hierzu bereits 2010 einen Vorschlag gemacht, kein bedingungsloses Grundgehalt aber das Bürgergeld. Im Falle des Bedarfs von Sozialleistungen sprich Unterstützung vom Staat werden diese zusammengefasst und als ein Betrag ausgezahlt, das erspart zahllose Anlaufstellen und Bürokratie, zurzeit gibt es um die 100 Arten von Sozialleistungen, die von über 40 Stellen verwaltet werden. Die Union wollte dies im Bund nicht mittragen. Auch 2013 hatten wir diese Idee umfangreich im Bundestagswahlprogramm und auch nach wie vor steht das Bürgergeld auf der Agenda der FDP. Mit dem Begriff „bedingungslos“ habe ich an der Stelle allerdings ein Problem, denn einer Leistung muss immer eine Form von Gegenleistung gegenüberstehen.
Bei DieSachsen.de versuchen wir, alle Prozesse, die nichts mit der Erstellung von Inhalten zu tun haben, zu automatisieren. So wollen wir die Kostenstruktur sehr schlank halten und die Prozesse so schnell wie möglich durchlaufen lassen. Das geht, weil wir das Know-how haben und weil wir bei null anfangen. Diesen Vorteil haben nicht viele sächsische Unternehmen, die mit der digitalen Transformation konfrontiert sind.
Vor welchen Herausforderungen steht der sächsische Mittelstand beim Thema Digitalisierung?
Malorny: Die größte Herausforderung ist die Infrastruktur. Wir müssen jeden Winkel des Freistaats mit vernünftigem Highspeed Verbindungen ausstatten, um die Chancen der Digitalisierung für jeden nutzbar zu machen. Das betrifft auch das mobile Datennetz. Es ist schon traurig und fast schon grob fahrlässig in Sachen Wettbewerbsfähigkeit, wenn man in manche Regionen Sachsens nur "Edge" auf seinem Handy stehen hat. Weiterhin sollten die benötigten Kompetenzen schon in der Schule vermittelt werden, hier stecken wir in Sachsen wörtlich noch in der Kreidezeit.
Müssen sächsische Arbeitnehmer Angst vor einem Jobverlust durch die zunehmende Automatisierung haben?
Malorny: Nein, ich weiß aus eigener Erfahrung, dass in vielen Bereichen sogar neue Stellen entstehen. Meine Branche, der Maschinenbau, entwickelt sich ständig weiter sonst würde er nicht konkurrenzfähig bleiben. Sachsen ist stark in Sachen Entwicklung und Forschung, da entsteht immer Neues. Dies bietet besonders große Möglichkeiten für die Berufswahl oder auch den Berufswechsel. Zudem ist es aktuell eher so, dass besonders das verarbeitende Gewerbe, die Industrie und das Handwerk Mitarbeiter suchen. In meiner Branche suchen wir regelmäßig Facharbeiter zum Beispiel im CNC Bereich, sowie Technologen und Mechatroniker. Da macht sich die Demographie am stärksten bemerkbar, eher weniger die Automatisierung. Diese hilft uns sogar die Effekte der Demographie abzumildern!
„Teilen macht Spaß!“ Diese drei Worte bringen die meisten Eltern ihren Kindern bei. Nur beim Thema Shared Economy sind viele noch sehr zurückhaltend, weil das eigene Auto als Statussymbol immer noch mehr zählt als die Angebote von z.B. TeilAuto oder Car2Go, die aber mit Blick auf die Umwelt und den persönlichen Geldbeutel durchaus sinnvoll sind.
Was halten Sie vom Teilen?
Malorny: (lacht) Geteilt wird vor allem auf facebook sehr viel. Spaß bei Seite: Ich sehe das aus der ökonomischen, weniger aus der ökologischen Sicht. Shared Economy bietet jedem von uns unter zu Hilfenahme der digitalen Möglichkeiten die Chance, zum kleinen Unternehmer zu werden. Ich halte das für großartig, wenn Menschen in Eigenverantwortung und leistungsbereit anfangen, eigene Besitztümer freizugeben und für Mitmenschen nutzbar und zugänglich zu machen. Shared Economy fördert auch das soziale Miteinander in einer Welt, die durch die Digitalisierung vermeintlich anonymer geworden ist. Wenn wir dadurch zudem die Umwelt noch schonen können, ist das ein erfreulicher Nebeneffekt.
Würden Sie ihre Wohnung bei Airbnb einstellen oder sehen Sie durch solche Konzepte die Tourismusindustrie bedroht?
Malorny: Ich würde meine Wohnung bei Airbnb und Co. nicht vermieten. Das liegt aber eher daran, dass ich ein sehr heimischer Mensch bin und die eigenen 4 Wände der Familie gehören.
Wie digital ist eigentlich die FDP Sachsen selbst? Wie arbeiten Sie und Ihre Parteikollegen zusammen?
Malorny: Als digitale Arbeitshilfen nutzen wir Whats App, Google Drive um Daten auszutauschen, wir führen online Mitgliederumfragen durch, und nutzen die sozialen Netzwerke für die Kommunikation nach innen und außen. Außerdem gibt es die Plattform meinefreiheit.de, auf der wir programmatische Positionen diskutieren und gemeinsam editieren.
Apropos Teilen: In Sachsen, in Deutschland haben viele Menschen Angst „ihr Land“ mit Flüchtlingen teilen zu müssen. In Sachsen wurden viele Unterkünfte gebaut, die aktuell nicht mehr gebraucht werden, weil der Zustrom stark abgenommen hat.
Was soll Ihrer Meinung nach mit diesen Objekten passieren?
Malorny: Zum großen Teil sind das Objekte des Freistaates. Dieser sollte als Erstes bei Frau Merkel mal anfragen, wer denn nun für die Stand-By-Kosten aufkommt. Solange die Bundesregierung zudem kein wirkliches Konzept und keinen Plan zum Thema Flüchtlinge, Asyl und Zuwanderung hat - und dies mit wackligen Deals zum Beispiel mit der Türkei versucht zu lösen, müssen diese Einrichtungen stehen bleiben. Es ist nicht ausgeschlossen, dass neue Fluchtwellen auf uns zukommen. Zwischenzeitlich könnten die ungenutzten Wohnungen in den Einrichtungen ja zum Beispiel bei Airbnb angeboten werden!
Sie haben, bedingt durch Ihre Position, mit vielen Unternehmern zu tun, die vielleicht schon dem einen oder anderen Flüchtling ein Praktikum oder ähnliches angeboten haben oder es noch wollen.
Welche Erfahrungen haben die Unternehmer gemacht? Was müsste für eine bessere Arbeitsmarktintegration geschehen? Wie schaffen wir das überhaupt?
Malorny: Ich kann nicht für alle Unternehmen sprechen, nur für Partner aus meinem beruflichen Umfeld und für das eigene Unternehmen. Der Papierkram ist enorm - es ist ein schwieriges Unterfangen. Zudem kann ich niemanden einstellen dessen Status der Staat noch nicht festgelegt hat, weil ich nicht weiß, ob er lange hier ist und wirklich Asyl erhält. Nur anerkannte Asylbewerber mit eindeutigem Status können wir auch in die Unternehmen integrieren - gewisse Planungsgrößen sind da einfach entscheidend. Ein weiterer Fakt ist der Bildungsgrad, die Sprache muss schon im Asylbewerber-Status vermittelt werden, bestenfalls startend in den Erstaufnahmeeinrichtungen. Das Miteinander bei der Arbeit ist dann die beste Integration, eigenes Geld verdienen, bringt Akzeptanz und steigert das Selbstwertgefühl und das wollen viele Unternehmen auch gern unterstützen. Wir stehen da am Anfang der Aufgaben, und es wird nicht leicht werden. Ob wir das schaffen, hängt auch vom politischen Klima ab, den politischen Weichenstellungen sowie ganz wesentlich von der Einstellung der Bevölkerung bei diesem Thema.
Sehr geehrter Herr Malorny, herzlichen Dank, dass Sie sich die Zeit genommen haben.
Wir wünschen Ihnen viel Erfolg bei Ihrer weiteren Arbeit in Sachsen und vielleicht bald auf Bundesebene.
Das Interview führte: Thomas Wolf
Bilder: DieSachsen.de, Statista