Von heute auf morgen – Das ist selten der Fall
Man stelle sich folgendes Szenario vor: Der Geschäftsführer eines Unternehmens ruft die Marketingagentur an und bittet um eine spontane Vertriebsunterstützung. Es gäbe eine Auftragsflaute im kommenden Monat. Hält dieser Zustand länger an, käme es sogar zu Liquiditätsengpässen und Zahlungsschwierigkeiten. Ganz plötzlich nimmt der Chef gegenüber Kollegen und Mitarbeitern sogar das Wort „Krise“ in den Mund und will vorher nichts von dieser gewusst oder gemerkt haben. „Ein solcher Fall aus der Beratungspraxis ist keinesfalls eine Seltenheit“, sagt Simon Leopold, Geschäftsführer und Unternehmensberater bei der ABG Consulting-Partner GmbH & Co. KG. „Dabei zeichnet sich eine Krise schon lange im Vorfeld ab und entsteht in einem mehrstufigen Prozess“, so Leopold weiter.Krise nicht erst bei mangelnder Liquidität
In vielen Unternehmen spricht man erst von einer Krise, wenn die Auftragsbücher leer sind oder sich Zahlungsschwierigkeiten andeuten. Es geht aber streng genommen schon viel früher los – etwa, wenn sich der Wettbewerb verschärft, ein Unternehmen generell von wenigen Großkunden abhängig ist, mehr Reklamationen anfallen oder die Nachfrage nach bestimmten Produkten sinkt. Dann spricht man von der sogenannten strategischen Krise, die sich nicht direkt auf die Liquidität auswirkt. „Genau darauf fallen viele Unternehmen herein, die nach dem Prinzip ‚It’s all about the money‘ agieren: Solange das Unternehmen aus monetärer Sicht noch keine großen Federn lassen muss, wird die Krise in diesem Stadium gar nicht erst als solche erkannt, geschweige denn ernst genommen“, weiß Unternehmensberater Leopold. Ein großer Fehler, denn wenn keine Gegenmaßnahmen eingeleitet werden, ist der langfristige Erfolg gefährdet.Wird auf Krisenanzeichen nicht reagiert, zum Beispiel durch eine offene Kommunikation und einen zusätzlichen Ausbau der Vertriebsaktivitäten, setzt schließlich die Liquiditätskrise ein – der Moment, in dem meist „nichts mehr geht“ und die Manager erst wirklich aufwachen. Die Bank droht dann beispielsweise mit einer Kündigung der Kreditlinien. Meist gibt es bereits Rückstände bei Umsatz- und Gewerbesteuer, Lohnzahlungen oder Sozialversicherungsbeiträgen. Pfändungen oder Vollstreckungen durch den Gerichtsvollzieher gehören zu den Anzeichen einer Krisenstufe, die bereits über die Liquiditätskrise hinausgehen. Im Ernstfall spricht man sogar von „Insolvenzreife“ beziehungsweise „Insolvenz“, bei der von einer drohenden bis vollkommenen Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung ausgegangen werden kann. „Der Spielraum ist dann bereits sehr stark eingeschränkt. Verzweifelte Schnellschuss-Aktionen, bestehend aus kosmetischen Einzelmaßnahmen, helfen nicht mehr. Daher empfehlen wir, bereits frühzeitig auf Krisenanzeichen zu reagieren und gegenzusteuern – bei Bedarf mit externer Unterstützung“, erklärt Leopold. Denn wenn dies zu spät erfolgt, bleibt auch den Fachexperten kaum noch Handlungsspielraum.
Wann liegt eine Insolvenz vor? Rechtsprechung des BGH beachten!
Eine kontinuierliche Überprüfung der wirtschaftlichen Lage und Zahlungsfähigkeit empfiehlt sich für jeden Geschäftsführer, der sein Haftungsrisiko begrenzen möchte. Im schlimmsten Fall droht ein Verfahren wegen Insolvenzverschleppung. Es gibt drei Gründe, die den Unternehmer dazu verpflichten, einen Antrag auf Insolvenz zu stellen: die drohende Zahlungsunfähigkeit, die tatsächliche Zahlungsunfähigkeit und die Überschuldung. Ein Unternehmen gilt rechtlich als zahlungsunfähig, wenn nicht innerhalb von drei Wochen mindestens 90 Prozent der fälligen Verbindlichkeiten mit den vorhandenen Mitteln beglichen werden können. Laut BGH reicht es nicht aus, wenn die Lücke in der Drei-Wochen-Vorschau durch die eingetriebenen Forderungen geschlossen werden kann. Auch nach Bezahlung der in dieser Zeit fällig werdenden Verbindlichkeiten muss die Lücke vollständig gedeckt sein.Insolvenzverfahren als Neuanfang
Sollte tatsächlich ein Insolvenzverfahren eingeleitet werden, bedeutet es heutzutage nicht mehr automatisch das Aus und die Abwicklung des Unternehmens. „Im Zuge der Einführung des ESUG (Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen) in 2012 haben wir in den letzten Jahren positive Erfahrungen gemacht: Viele Betriebe konnten innerhalb eines gerichtlichen Sanierungsverfahrens neu aufgestellt werden und sind aus der Krise restrukturiert hervorgegangen“, erklärt der ABG Consulting-Berater. Wackelt das Geschäft, bieten sich viele Möglichkeiten, das Unternehmen wieder auf Erfolgskurs zu bringen – sofern man die Warnzeichen frühzeitig erkennt, sich eine Schieflage eingesteht und rechtzeitig handelt.
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Autor des Gastbeitrags:
Simon Leopold
Geschäftsführer und Unternehmensberater
ABG Consulting-Partner GmbH & Co. KG
Wiener Straße 98
01219 Dresden
Telefon: 0351/43755-48
Mail: leopold@abg-partner.de
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