loading

Nachrichten werden geladen...

SMILE - wann haben Gründer was zu Lachen?

SMILE ist die Selbst-Management-Initiative-Leipzig
Professor Dr. Utz Dornberger ist Leiter des Internationalen SEPT Programm (Small Enterprise Promotion + Training) und Professor für Entwicklungsökonomie der Universität Leipzig und engagiert sich besonders im Bereich der Wachstumsförderung von Klein- und Mittelunternehmen (KMU) in Deutschland und weltweit. Themenschwerpunkte seiner Arbeit liegen in den Bereichen Innovation in Klein- und Mittelunternehmen, Innovationspolitik, Entrepreneurship-Förderung und Internationalisierung.

1. Wie sieht Ihre Zwischenbilanz nach zehn Jahren SMILE aus? Können Sie lächeln?

Professor Dr. Utz Dornberger. "Die Gründerinitiative SMILE unterstützt mit großem Erfolg seit 2006 Wissenschaftler, Studierende und Alumni auf dem Weg in die persönliche und berufliche Selbständigkeit. Dieser zeigt darin, dass wir bislang über 17.500 Teilnahmen (50% Frauen) gezählt und über 400 Unternehmensgründungen individuell unterstützt wurden. Dabei reichen die Gründungsprojekte von Ein-Frau-Unternehmen als Dolmetscher bis hin zu Hochtechnologieunternehmen aus der Medizintechnik SMILE gehört damit zu den wichtigsten Akteuren für angehende Existenzgründer in Leipzig. Das ist für uns Ansporn und Verpflichtung zugleich."

2.Wenn ja, warum?

Professor Dr. Utz Dornberger: "Unsere Gründerinitiative stellt den Lernenden in den Mittelpunkt und geht von ihm aus. Es geht uns insbesondere darum, die Talente, die in den Menschen stecken, freizulegen und zu entwickeln. Junge Menschen lernen über sich selbst und ihr Leben Entscheidungen zu treffen. Dabei geht es bewusst nicht um die Vermittlung eines „reinen“ Wissens. Ziel ist es, die Persönlichkeit jedes Teilnehmenden in den Mittelpunkt zu stellen, diese zu stärken und zu entwickeln und für ein lebenslanges Lernen vorzubereiten. Den Veranstaltungen und Lernprinzipien liegt ein sozialkonstruktionistischer Ansatz zu Grunde, der die Basis aller Unterstützungsaktivitäten für Existenzgründer bildet."

3. Was macht Ihnen und Ihren Coachees das Leben schwer?

Professor Dr. Utz Dornberger: "Die vielleicht größte Herausforderung ist, dass wir in Deutschland eine eher geringe Gründungsneigung bei Studierenden und Absolventen haben. Die aktuell hohe Nachfrage nach Fachkräfte am Arbeitsmarkt trägt zusätzlich dazu bei, dass junge Menschen eher einen sicheren Job bei BMW annehmen als risikofreudig ein eigenes Unternehmen zu gründen.Häufig wissen junge Menschen gar nicht mehr, ob und inwieweit sie sich konstruktiv in die Gesellschaft als Unternehmer einbringen können. Genau hier setzen wir an und wollen zunächst mit den Teilnehmern herausfinden, was die Stärken und Schwächen sind, um dann zu klären, wie man sich damit sinnvoll als Existenzgründer verwirklichen kann."

4. Vor 2006 gab es in Leipzig kaum Unterstützung für Neugründungen durch Absolventen. Mit SMILE hat sich das geändert. Wie haben Sie mit Ihrer Initiative SMILE auf die Infrastruktur in Leipzig und Umgebung gewirkt?

Professor Dr. Utz Dornberger: "SMILE ist ein kooperatives Projekt, das neben der Universität Leipzig auch von der Handelshochschule (HHL), dem Umweltforschungszentrum (UFZ) und dem Deutschen Biomasseforschungszentrum (DBFZ) in Leipzig getragen wird. So erreichen wir eine Vielzahl an Gründungsinteressenten. Das bestätigt auch der aktuelle "Gründungsradar" des Stifterverbandes und der Nixdorf Stiftung. Hier belegt die Universität Leipzig in der Kategorie der "große Hochschulen" einen guten 15. Platz. Schaut man auf die Anzahl der Gründungen in Relation zur Studierendenzahl, so fällt bei den großen Hochschulen auf, dass die Universität Leipzig ähnlich viele Gründungen je 100 Studierende hat wie die Technische Universität München. Damit haben wir auch an der Universität Leipzig und bei unseren Partner erreicht, dass die Existenzgründung als ein zentraler Kanal für den Wissens- und Technologietransfer angesehen wird und dem entsprechend auch unterstützt wird."

5. Wie haben Sie auf die Intensität der Gründungen gewirkt?

Professor Dr. Utz Dornberger: "Seit Sommer 2006 ist SMILE in Leipzig aktiv. In Seminaren, Workshops und einzelnen Events haben unsere Teilnehmer die Möglichkeit, sich selbst zu erkennen, zu entwickeln und zu verwirklichen. Gründungsvorhaben werden durch individuelle Coachings zu den verschiedenen Fragestellungen der Vorgründungsphase unterstützt. Die Gründungsideen werden analysiert, weiterentwickelt und bis zur Umsetzung begleitet. Die Diversität unseres Angebotes ermöglicht es Studierenden und Absolventen aus sehr unterschiedlichen Fachrichtungen, das passende Element für die eigene Weiterbildung zu finden. Durch die Förderung des Europäischen Sozialfonds und des Freistaats Sachsen ist das Angebot für Studierende, Mitarbeiter und Absolventen bis zehn Jahre nach Abschluss des Studiums kostenfrei.

Ein besonderer Schwerpunkt unserer Arbeit ist Entwicklung der Bereiche Life Sciences, Gesundheitsvorsorge und Medizintechnik in der Region. Durch die Unterstützung von SMILE wurden in der Vergangenheit in diesen Branchen mehr als 150 Vollzeitarbeitsplätze geschaffen. Zwischen 2006 und 2016 konnten 32 forschungsintensive Unternehmen etabliert werden. Von diesen sind 23 weiterhin am Markt tätig. Dazu gehören auch sechs Ansiedlungs- und Innovationsvorhaben, die in Kooperation mit dem Fraunhofer Institut für Zelltherapie und Immunologie IZI entstanden. Mehr als 9,2 Mio. EUR an Fördermitteln und Eigenkapital wurden durch SMILE Gründerteams in der Frühphase eingeworben. Ansiedlungsprojekte erhielten 13,6 Mio. EUR aus unterschiedlichen Förderinstrumenten."

6. Wie viel Prozent der Ideen können aus Kostengründen nicht umgesetzt werden?

Professor Dr. Utz Dornberger: "Im Rahmen von SMILE unterstützen wir pro Jahr ca. 100 Gründungsprojekte, jedoch nur die Hälfte dieser Projekte gründet schließlich. Die Ursachen für den Abbruch eines Gründungsprojektes sind vielfältig, z.B. private und familiäre Entscheidungen, gutes Jobangebot, Bedenken, ob der Markt positiv reagiert, Probleme in der Finanzierung, etc.. Ein zentraler Grund ist dabei die Unsicherheit, ob der Markt bzw. Kunden das neue Produkt oder die neue Dienstleistung kaufen werden. Daher realisieren wir im Rahmen der Gründerunterstützung bei SMILE auch innovative Marktsimulationen und Markttest noch vor der Gründung zum Test der neuen Produkte bzw. der neuen Dienstleistungen. Damit sehen wir nicht das mangelnde Kapital als den zentralen Faktor für das Scheitern von Gründungsideen. Wir konnten in den letzten drei Jahren, dank verschiedener Initiativen auf Bundes- und Landesebene eine Diversifizierung von Finanzierungsangeboten für Existenzgründer beobachten. Was uns deutlich mehr Sorgen bereitet, sind die doch wenigen Finanzierungsmöglichen für die Wachstumsphase von jungen Start-up-Unternehmen in Sachsen."

7. Wie viele Anläufe verkraftet ein Projekt, verkraften die Macher?

Professor Dr. Utz Dornberger: "Unsere Erfahrung sagt, dass wir selten Gründer haben, die nach dem ersten Scheitern einen zweiten Versuch wagen. Eine zweite Chance wird noch zu selten den Gründern geboten.

Gerade bei technologischen Gründungsideen wird aufgrund der Neuheit einer Technologie bzw. der Konzeption eines neuen Produktes oder einer Dienstleistung davon ausgegangen, dass der Markt dieses akzeptieren wird. In der Praxis zeigt sich jedoch oftmals die Problematik, dass der Markt noch nicht „reif“ ist für diese Innovation (man kommt zu früh auf dem Markt) oder dass Technologien bzw. die Konzepte eines neuen Produktes oder einer Dienstleistung für den Zielkunden angepasst werden müssen. Dafür bedarf es eines langen Atems, den nicht jeder Gründer hat."

8. Welche Prognose geben Sie der Start-up Szene in Leipzig? Welche Tendenzen sehen Sie?

Professor Dr. Utz Dornberger: "Nachhaltigkeit zu erreichen, ist ein wichtiges Ziel für unsere Gründerinitiative. In diesem Zusammenhang ist bereits gelungen, das Projekt SMILE in den Hochschulentwicklungsplan der Universität Leipzig aufzunehmen und Kontinuität bei der Unterstützung junger Gründer zuzusichern.

Leipzig ist nach wie vor, trotzt insgesamt in Deutschland zurückgehender Gründungszahlen, ein attraktiver Standort für Existenzgründer. Das belegen auch unsere eigenen Statistiken in denen wir keinen Rückgang der Gründungsprojekte sehen können. Sehr positiv stimmt mich auch das es neben SMILE mittlerweile eine Vielzahl von jüngeren Initiativen gibt, die weiterführende Unterstützungsangebote für Existenzgründer etabliert haben. Stellvertretend seien hier das Social Impact Lab, Basislager oder das Spinlab genannt."

Vielen Dank für das Interview und allen Gründern viel Erfolg mit SMILE.

Foto: Uni Leipzig