Das Blut, das nach der Geburt Ihres Kindes in der Nabelschnur und im Rest der Plazenta verbleibt, enthält zahlreiche Stammzellen – die sogenannten hämatopoetische Stammzellen. Diese können das blutbildende System erneuern. Im Nabelschnurgewebe befinden sich die sogenannten mesenchymalen Stammzellen. Ihnen wird eine hohe Regenerationsfähigkeit zugesprochen. Alle Stammzellen aus der Nabelschnur haben eines gemeinsam: Sie sind jung, unbelastet und flexibel und somit ideal, um bei Therapien bestimmter Krankheiten zum Einsatz zu kommen. Insbesondere in der regenerativen Medizin ergeben sich vielfältige Anwendungsmöglichkeiten – von der klassischen Blutstammzelltransplantation bis hin zu zukünftigen Behandlungsoptionen von Herz-, Kreislauf- und neurologischen Erkrankungen.
Klassische Anwendungsgebiete: Blut- und Immunsystem
Nabelschnurblut wird standardmäßig bei Erkrankungen des blutbildenden Systems eingesetzt, beispielsweise bei Leukämien oder Anämien. Stammzellen aus Nabelschnurblut helfen, das Immunsystem zu korrigieren beziehungsweise zu regenerieren:
Nach einer intensiven Chemotherapie etwa kann eine Transplantation von jungen, weitgehend unverbrauchten Stammzellen helfen, die Blutbildung wieder anzuregen.
Das Immun- und Blut-System profitiert durch die hohe Teilungsfähigkeit der neonatalen Stammzellen. Damit ist das Nabelschnurblut bereits heute eine etablierte Ressource.
Anwendungsmöglichkeiten in der regenerativen Medizin
Neben den bewährten Maßnahmen eröffnet sich im Bereich der regenerativen Medizin ein deutlich breiteres Spektrum. Die Forschung untersucht bereits folgende Felder näher:
- Frühkindliche Hirnschädigungen: Bei Kindern mit Hirnschädigungen – etwa durch Sauerstoffmangel oder vorgeburtliche Schäden – wurden in Heilversuchen Stammzellen aus dem eigenen Nabelschnurblut eingesetzt. In vielen Fällen verbesserte sich der Zustand der Betroffenen.
- Herzinfarkt und Herz-Kreislauf-Erkrankungen: In Tierexperimenten zeigte sich, wie nach einem Herzinfarkt die Infusion von Stammzellen aus dem Nabelschnurblut zu einer verbesserten Durchblutung und Pumpleistung des Herzmuskels führte.
- Schlaganfall: Studien der Universität Leipzig und dem Fraunhofer‑Institut IZI zeigen, dass Lähmungen und Bewegungsstörungen nach einem Schlaganfall durch eine Infusion mit Nabelschnurblut-Stammzellen gemindert werden können.
- Geweberegeneration – Knochen, Knorpel, Bindegewebe: Das Gewebe der Nabelschnur enthält viele mesenchymale Stammzellen (MSC), die sich zum Beispiel in Bindegewebe, Knochen oder Knorpel weiterentwickeln können. Diese Zellen sind in der regenerativen Medizin besonders interessant für die Wiederherstellung geschädigter Gewebe.
Diese Beispiele zeigen: Der Einsatz von Nabelschnurblut geht weit über die klassische Blut-Transplantation hinaus und bewegt sich klar in Richtung Regenerative Medizin. Die Vorteile liegen damit klar auf der Hand.
Warum Nabelschnurblut so wertvoll ist – Vorteile im Überblick
Ein großer Vorteil von Nabelschnurblut liegt in der relativen Unversehrtheit der enthaltenen Stammzellen:
- Sie sind „jung“ – also nicht gealtert durch Umwelt- oder Krankheitseinflüsse.
- Sie sind in der Regel frei von Mutationen oder Umwelteinflüssen, die ältere Stammzellen beeinträchtigen könnten.
- Die Gewinnung nach der Geburt ist einfach, sicher und risikofrei für Mutter und Kind.
Je jünger die die Stammzellen sind, desto besser können sie sich anpassen und regenerieren. Daher biete sich eine Entnahme von Nabelschnurblut direkt nach der Geburt an.
Alle diese Merkmale machen Nabelschnurblut-Stammzellen zu einem attraktiven Rohmaterial für die regenerative Medizin.
Herausforderungen und Ausblick
- Trotz des großen Potenzials muss gesagt werden, dass viele Anwendungen noch nicht flächendeckend klinisch etabliert sind. Sie bewegen sich derzeit noch im Rahmen von Studien und Heilversuchen.
- Langfristig gehen Wissenschaftler davon aus, dass die Stammzelltherapie auch eine Option zur Linderung der Folgeschäden bei Herzinfarkt und Schlaganfall oder zur Behandlung von degenerativen Erkrankungen der Knochen, des Bindegewebes und der Gelenke sein könnte.
- Die Qualität und Quantität der gewonnenen Stammzellen ist dabei entscheidend – deshalb setzen viele Stammzellenbanken auf die Einlagerung von Vollblut, nicht nur separierter Stammzellen, um möglichst viele Zellen zu konservieren.
- Auch rechtliche und regulatorische Anforderungen spielen eine große Rolle – insbesondere, wenn es um regenerative Therapien geht.
- Langzeit-Daten und wissenschaftlich verlässliche Studien sind noch im Aufbau – aber die bisher gewonnen Erkenntnisse vieler Forschungsinstitutionen sind vielversprechend.
- Das Potenzial ist bereits groß, aber eine breite Standardanwendung in der regenerativen Medizin steht noch aus.
Nabelschnurblut spielt eine zentrale Rolle in der Zukunftsmedizin
Schon jetzt steht fest: Das Nabelschnurblut stellt eine wertvolle und zukunftsweisende Ressource dar – vor allem für die regenerative Medizin. Die Vorteile liegen klar auf der Hand: Es handelt sich um junge, unbelastete Stammzellen mit hoher Anpassungsfähigkeit.
Wenn Sie frühzeitig auf diese Ressource setzen, sichern Sie sich potenziell einen Vorsorgevorteil für Ihr Kind – in Form eines Stammzellendepots bei einer Stammzellenbank. Gleichzeitig sollten Sie bedenken: Es handelt sich nicht um eine Garantie für neue Therapiemöglichkeiten – aber um eine vielversprechende Investition in die Gesundheitsvorsorge.
Insbesondere im Bereich der regenerativen Medizin könnte das Nabelschnurblut in Zukunft eine Schlüsselrolle spielen – wenn Forschung, Technik und klinische Anwendung weiter Hand in Hand zusammenarbeiten.
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