Das Empfangskomitee hat alles vorbereitet. Es ist Freitag, 18 Uhr auf dem Markt in St. Ingbert im Saarland. Auf dem selbst gebastelten Schild steht in roter Schrift "800 Kilometer für die Freundschaft". Die Gruppe wartet vor der Stadthalle - schon etwas aufgeregt - auf die Fahrradfahrer aus Radebeul.
Etwa 20 Verwaltungsangestellten aus Radebeul und aus St. Ingbert starteten am 15. August von Radebeul aus zu einer anspruchsvollen Radtour über mehr als 800 Kilometer und rund 4.000 Höhenmeter. Ein Mitarbeiter fuhr in einem Begleitfahrzeug mit. "Dieses Vorhaben soll den Dialog zwischen den beiden Städten weiter fördern und wird von allen viel Rücksichtnahme und Teamgeist abverlangen", heißt es in der offiziellen Mitteilung der Stadt Radebeul. Die Radtour wird vom Städtepartnerschaftskomitee Radebeul unterstützt.
Kurz nach 18 Uhr am Freitag, nach sieben Tagen auf dem Sattel, kommt die Gruppe unter dem Beifall der Wartenden an. Sie sehen alle noch sehr frisch aus und strahlen. Mit dabei Radebeuls Oberbürgermeister Bert Wendsche. Er fährt mit einem ganz normalen Tourenrad. "Es war sehr anstrengend", sagt Wendsche. "Aber wir haben es alle geschafft." Er erinnerte an die steilen Anstiege in Thüringen am Rennsteig, aber auch die 120 Kilometer von Worms aus am letzten Tag hatten es in sich. Wendsche kennt sich aus, hat diese Tour schon öfters gemacht, denn die Städtepartnerschaft gibt es schon 37 Jahre. Die Radler-Gruppe machte einen eher gemischten Eindruck, nicht jeder ist ganz jung, durchtrainiert und mit Rennrad. Aber alle haben es geschafft. Dass sie darauf stolz sind, sieht man ihnen an.
Zum Begrüßungskomitee gehört auch eine gut 40-köpfige Bürgergruppe aus Radebeul, die gerade zum Freundschaftsbesuch nach neunstündiger Busreise angekommen ist. Neben Stadträten wie Ulrich Reusch (CDU) und lokalen Parteivorsitzenden wie Alexander Wolf (FDP), sind auch ganz normale Bürger dabei. Als Organisatoren fungieren Christine und Peter Kollmeder.
Nach dem Empfang und Erinnerungsfotos geht es weiter zur Feuerwehr von St. Ingbert. Es heißt, es werde dort gegrillt. Feuerwehr und Grillen, das passt immer. Aber im Saarland ist das etwas spezieller. Es wird nämlich geschwenkt. Auf einem großen Rost liegt das Fleisch über brennendem Buchenholz und wird hin und her geschwenkt. Der Rost hängt an einem dreibeinigen Eisengestell mit Kette. Es gibt ordentliche Portionen mit Kartoffelsalat und einheimischen Beckers Bier.
Mit dabei ist der 3. Beigeordnete der Stadt. Albrecht Hauck ist verantwortlich für die Bereiche Vereine, Sport, Demografie, Kultur, Tourismus und die Biosphäre. Eine ganz Menge. Außerdem ist er schon 71 Jahre alt, hat vier Kinder und 11 Enkel. Er ist Mitglied der Familien-Partei. Mit bundesweit gut 600 Mitgliedern (im Saarland sind es 81) könnte man sie als Kleinst-Partei bezeichnen. Immerhin gab es mal einen Europaabgeordneten, der aber ausgetreten ist. Die Familien-Partei hält sich selbst für eine konservative Partei der Mitte. Andere sehen sie eher rechts.
Albrecht Hauck versteht diese Einordnung nicht. Ihm geht es vor allem um Generationengerechtigkeit und ums christliche Weltbild. Am Leben in St. Ingbert schätzt er die Nähe zu Frankreich. Die Franzosen kommen zu ihnen, um in den Boutiquen von Saarbrücken einzukaufen, die Saarländer möchten die guten Lebensmittel aus Frankreich. Es ist ein Geben und Nehmen.
Es wird langsam dunkel. Die Grillmeister am Schwenker versuchen die letzten Würste an den Mann oder die Frau zu bringen. Wäre doch schade drum. Die Fahrradfahrer stoßen zum letzten Mal auf ihren Erfolg an - und einer knipste das Licht des großen roten Herzens aus, das den Schriftzug Feuerwehr St. Ingbert beleuchtete. Feierabend.
Text : Ulf Mallek